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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Meyer, Bruno: Der Umbau des Schinkel'schen Museums in Berlin, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0079

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den übrigen (d. h. den nach Norden und nach Süden gele- s
genen) fünf Sälen. statt des Seitenlichtes, ein Oberlicht anzu-
Lringer, aus den vier kleineren Sälen, welche jetzt durch zwei ^
Quervände drei Kompartiments haben, durch Wegnahme der- ^
selben. je einen großen Raum zu bilden, aus dem langen,
gegen Norden gelegenen, jetzt elf Koinpartiments enthaltenden !
Hauptaal aber, durch die Wegnahme von sechs Querwänden, ^
sünf irößere Räume zu bilben, die übrig bleibenden vier !
Quertände, statt der 16 Fuß 4 Zoll Höhe, welche alle
Quertände in der Gemälde-Galerie bisher hatten, bis zur,
24 Fch Höhe betragenden, Decke hinaufzuführen, und allen
diesenRäumen eine ihrer Größe entsprechende Lichtöffnung
in derDecke zu geben."

Ggen diese Vorschläge wendet Waagen nun ein: „Die
Belen-tung von oben ist eine sehr schwierige, in ihren
Erfolan für größere Näume höchst ungewisse Sache,
welchesogar bisher nur selten gelungen ist." Folgen
als Zeweise die Beispiele der bekanntesten Galerien.
„Dief schwierige Aufgabe einem jungen Architekten, wie
Herrr Tiede, anzuvertrauen, welcher, wie ich aus einer
mündichen Mittheilung von ihm abnehmen muß, bisher
nie eae von oben beleuchtete Galerie gesehen hat (!!!),
und, eieinem so unsicheren Erfolg, ein reines Nord- ^
licht on der Seite, wie unser Hauptsaal es besitzt, auf-
zuopf-n, scheint mir doch etwas bedenklich."

)err Tiede hat wirklich erst nach diesem die Galerien ,
vonLeipzig, Dresden und München behufs Ermitte- !
lunen über zweckmäßige Beleuchtung und Heizung be- ^
such und über diese Studienreise den obe» erwähnten
Berht abgefaßt.

Iewiß und unzweiselhaft aber, fährt Waagen fort,
ergiet sich durch die Vorschläge ein erheblicher Verlust an
Wanfläche, den er — ganz gewissenhaft — auf 2030
Quatatfuß berechnct. Nun sind jetzt alle Wände dicht
besetz! ja nicht unwesentliche Erwerbungen haben bisher
wegei Raummangels gar nicht zur Anfstellung kommen
könna. Es müßte also entweder eine größere Zahl von
Bilden entfernt werden, oder die höchste Gränze für den
obere Rand der Bilder, wieHerr Tiede will, höher als
bishe bei !6 Fuß angenommen werden.

„Nit genauer Berücksichtigung der durchschnittlichen
Sehknft hat aber der selige Schinkel mit mir", heißt es
weitei, „jene Entfernung als die weiteste angenommen,
in wecher der Beschauer noch von der Eigenthümlich-
keit ds Meisters und der Art seines Vortrags eine
Ansüaunng gewinnen kann." Die Jnnehaltung dieser !
Grän,e ist seit dem Bestehen der Galerie von feineren
Kunstpeunden aus den verschiedensten Ländern Europa's
als eii besonderer Vorzug des Berliner Museums aner- ^
kannt vorden. Durch das Höherhängeu würden aber be-
sonderi die Meisterwerke der altniederländischen nnd dcr
verschiedenen italienischcn Schulen des fünfzehnten Jahr-
hundeits, d- h- der Lberwiegende Theil und werthvollste
Besitz der Galerie auf unverantwortliche Weise benach-
theilixt werden. Denn da es bei diesen wesentlich auf die
liebevolle Durchbildung im Einzelnen ankomnit, so ist eine
nähere Beschauung derselben unerläßlich. Würde sie bei
einem großen Theile der betreffenden Bilder unmöglich
gemacht, so würde damit ein eigenthümlicher Vorzug der
Berliner Gemäldesammlung, ihre Specialität, zerstört.

Wenn aber die elf Kompartimente des langen Haupt-
saales in fünf großere Säle verwandelt werden, so geht ^

zugleich eine zweite Eigenthümlichkeit der Galerie verloren,
ihre leicht übersehbare historische Anordnung, auf die
Schinkel mit Recht einen großen Werth gelegt hat, und
die sich bei den hewährtesten Kennern allgemeiner An-
erkennung zu erfreuen gehabt hat.

Waagenwünscht schließlich, — unter stillschweigender
Voraussetzung des Hauptgrundes, daß durch das gegen-
über aufgepslanzte neue Museuni der Galerie das reine
Nordlicht unwiederbringlich entzogen ist, und deßhalb der
Gedanke an eine Verbesserung der ursprünglichen Beleuch-
tung überhaupt auskommen kann, — Einführung von
Oberlicht in den Hauptsaal für jedes einzelne Komparti-
ment, weil hierdurch ein bedeutender Gewinn an Wand-
fläche erzielt wird, und, da das mittelste Kompartimeut
bereits mit einem sehr günstigen Oberlicht versehen ist,
hierin die Garantie vorliegt, in allen Räumen eben so
gntes Licht zu bekommen.

Bei den beiden kleincn Sälen nach Norden, die sehr
ungenügendes Licht haben, wünscht er gleichfalls Ober-
licht, aber auch mit Beibehaltung der Kompartiments.
Bei den beiden kleinen Sälen gegen Süden ergiebt sich
auf jeden Fall ein Gewinn an Naum, uud deswegen ist
Waagen hier für Beseitigung der Querwände.

Dies ist jedenfalls uicht konsequent, denn der Raum-
gewinn ist-unter Beibehaltung derletztcren natürlich noch
größer, als wenn sie beseitigt werden, und die korridor-
artigen Räume werden jedenfalls keinen sonderlichen
Eindruck machen.

Waagen resümirt seinGutackten dahin, daß, „wenn der
sehr kostspielige Umban der Gemäldegalerie in allen
Theilen nach den Vorschlägen despp. Tiede zu Stande
kommt, derselbe ungleich mehr Nachtheile, als Vor-
theile haben wird, indem die sehr große Verrin-
gerung der Wandflächen, die größere Höhe für das
AufhängenderBilder,dieZerstörung der organischen
und feingegliederten Aufstellnng gewiß, das Ge-
lingen des OberlichteS aber sehr nngewiß ist."

Wir sind dieser einfach klaren Darlegung gefolgt,
nicht weil wir das Vollgewicht der auch von nns schon
wiederholentlich geltend gemachten Gründe noch einmal
zur Empiindung zu bringen für nothwendig erachtet hätteu,
sondern um an der ruhigen Sicherhcit nnd trefsenden
Schärfe dieser Darlegungen nnd an dem Tone warmeii
Jnteresses und innigen Verständnisses für die Sache einen
wohlthuend und beruhigend kontrastircnden Hintergrund
für das Folgende zu habeu. —

Das nächste und neben dem Waagen'schen wichtigste
Gutachten ist das der Sachverständigenkommission, welche
bestand aus dem Oberhofbaurath Strack, dem Baurath
Erbkam, den Professoren Eduard Magnns, Ehbel
und Schrader.

Die Kommission stellt nach dem Grnndsatze „ckivicko
6t imperu" Eingangs drei Fragen auf, nämlick ob elf Kom-
partiments mit Oberlicht oder ob fünf größere Säle mit
Oberlicht einzurichten seien, oder ob der Hauptsaal dcr
Gemäldegalerie unverändert belassen werden solle.

Von den vier kleinen Sälen nach den Höfen zu wird
also hier vorläufig abgesehen.
 
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