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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Meyer, Bruno: Der Umbau des Schinkel'schen Museums in Berlin, [4]
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werfung und Ablehnuug ihres Urtheils uicht beleidigend
berührt werden können. Daß wir entschieden für die Bei-
behaltung der Kompartimente sind, ist aus Früherem be-
kannt; im Vorstehenden jedoch haben wir nicht sowohl
gcgen die projektirte neue Raumtheilung als vielmehr
gegen die nichtigen Gründe für dieselbe geeifert. Es kanu
Etwas richtig sein, obgleich es nicht aus gewissen Gründen
folgt; dann darf man es aber mit diesen nicht erhärten
und vertheidigen wollen. Unter diesen Gesichtspunkt sind
wir bemüht gewesen die Umbanangelegenheit zu rücken. —

Ueber die beiden noch folgenden Gutachten ist in größter
Kürze alles Nothwendige zu sageu. Das der Akademie
der Künstc macht geradezu eiuen kläglichen Eindruck.
Nachdem sie in fast kriechender Weise versichert hat, daß
sie sich ungeheuer geschmeichelt gefühlt, in einer für die
vaterländische (?!) Kuust so wichtigen Angelegenheit auch
„ihre Stimme verlautbaren zu dürfen", stimmt sie in einer
nichts Selbständiges und Neues bringenden Umschreibung
überall der Meinung und Ansicht der geehrten Herren
Vorredner von der Kommission bei, denselben darin völlig
gleich, daß Alles als „unumgänglich" „nothwendig"
„niit Einstimmigkeit" anerkannt wird. Nur darin weicht
die Akademie ab, daß sie im Nordsaale auch die Komparti-
ments 10 und 11 in ihrer jetzigen Größe mit Oberlicht
versehen will.

Aussallend im höchsteu Grade ist der Umstand, daß
der Akademie nur das Gutachten der Kommission nebst
dem UroiEnorin des Hcrrn Magnus vorgelegen zu haben
scheint, nicht auch das Exposs Waagen's. Oder hat sie dies
nur leichter ignoriren, alswiderlegenzu können gemeint? —

Das „technische Gutachten der Abtheilung für
das Bauwesen im Königlichen MinisteriumfürHandel,
Gewerbe und öffentliche Arbeiteu" macht einen weitaus
würdigeren, ja neben dem Waagcn'schen allein einen wür-
digen Eindruck. Hier allein wird die Unschicklichkeit als
solche empfunden, die Fenster des Museums an der Nord-
front sämmtlich in bliude zu verwandcln. Es würde da-
durch „ein anerkanntes Princip derBaukunstverletztwerden,
welches für alle bedeutsamen Theile des Bauwerks
bedingt, daß sie dem Zweck ihrer Anordnung nicht bloß
scheinbar, sondern wesentlich gewidmet seieu, uud
überdies dem Bcdenken Raum giebt, ob es möglich sein
werde, die Ausstattuug der erwähnten blinden Fenster
in einer solchen Weise auszubilden und dauerud zu erhalten,
daß die hierbei beabsichtigte Täuschung des äußeren Be-
schauers nicht in ausfälliger Weise bei der Vergleichung
mit den ihrem Zwecke faktisch dienstbaren Fenstern ver-
eitelt werde."

Wie eincm Scekranken, der wieder festen Boden unter
den Füßen fühlt, begegnet Einern eine solche Erwägung
beruhigcnd und erquickend, nachdem mau das Schifflein
der Betrachtung durch das trügerische Gewoge der letzten
drei Schriftstücke glücklich bis hierher gercttethat.

Die Baudeputation folgert daraus „die Verpflichtung,

die Einführung der Deckeubelcuchtung und der daraus
resultirenden blinden Fenster auf diejenigen Konipartiments
zu beschränken, bei denen das Bedürfuiß einer besseren
Beleuchtung unzweifelhaft geboten ist." Sie erkennt aber
ein solches Bedürfniß nur in den Kompartiments 3 bis
incl. 9 an.

Auch über das Höherhängen der Bilder urtheilt die
Kommission gauz richtig, daß daran nur in etwaigen grö-
ßeren Räumen zu denken sei, während „die größere Höhe
auch eine größere Näumlichkeit für die Gewinnung einer
angemessenen Eutfernung des Beschauers erfordert, als
die bestehenden Kompartiments darbieten".

Für die kleinen Säle nach Norden schlägt die Depu-
tation eine nochmalige Erwägung der Frage vor, ob die
Theilungswände zu beseitigen sind oder nicht, indem sie
selber sich der letzteren Entscheidung zuneigt.

Endlich tritt die Deputation der Frage wegen Berän-
derung der Heizungsvorrichtungen näher. Hier schwankt
die Waage mehrfach hin und her: Die Generaldirektion
hat das Bedürfniß nicht anerkannt, da die bestehende
Heizung erfahrungsmäßig keine nachtheiligen Folgen für
die Galerie gehabt hat. Gegeu die technische Begründuug
dieses Votums durch den Architekten Tiede wird jedoch als-
dann polemisirt. Nichtsdestoweniger entzieht das von der
Generaldirektion Beobachtete dem Borschlage der Kom-
mission das wichtigste Motiv. Zwar scheinen die eigenen
Erfahrungeu der techuischen Baudeputation an audereu
Luftheizungen (wohl zunächst und mit in erster Linie an
derjenigen der Berliner Bau-Akademie) die Besorgnisse der
Specialkommission zu rechtfertigen; da indessen die Heiz-
vorrichtungen sehr verschieden und von den bestehenden
schlimme Einwirkungen auf die Gemälde während langer
Zeit nicht wahrgenommen sind, so wird endlich voraus-
gesetzt, „daß es bei den Heizungen des Museums gelungen
sei, die Nachtheile anderer Heizapparate für erwärmte
Luft zu vermeideu".

Es ist sehr zu bedauern, daß die Deputation mit
ihrem ruhigen Tone und ihrem angemessenen Ernst gerade
der Betrachtung der eigentlichen Streitfrage, ob nämlich
Säle mit Oberlicht, oder Kompartiments, nicht näher ge-
treten ist und dieselbe vom artistischen und historischen
Standpunkte gründlich beleuchtet hat, anstatt die vorge-
schlagene Raumerweiterung in den einzelnen Theilen dcr
Galerie ohne nähere Präcisirung als etwas Feststehcndes
und Unabänderliches und ganz außer Frage Stehendes nur
in beiläufigcr Erwähnung oberflächlich zu berühren.

Eswäre zu hoffen gewesen, daß durch ein motivirtes Gut-
achten in diesemPunkte gerade von dieser Seite her, in deren
Urtheilsfähigkeit und Vorurtheilslosigkeit die ausgesproche-
uen gulachtlichen Aeußerungen so großes Vertrauen er-
wecken, der Sache ein wesentlicher Dienst erwiesen wvrden
wäre. Als höchste Stelle für Entscheidungen in Fragen
der öffentlichen Architektur hätte die Baudeputation, däucht
uns, weniger zaghaft ihre wahrhaft bestere und gediegenere
Einsicht durch entschiedenes uud gerades Urtheil in die
Wagschale werfen sollen, und dies um so niehr, je eiu-
stimmiger sich iu einer so wichtigcn Angelegenheit geringeres
Vermögen zu äußern für gut befundeu.

Bruno Meyer.
 
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