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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0114

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wartet. Wie Sie aus dieser Beschreibung sehen, wirkt das
Bild hauptsächlich dnrck) seinen Jnhalt fesselnd. Noch inte-
ressanter aber wird es, wenn man sich dabei seines
Schöpfers erinnert. Es war eine merkwürdige, mir wenig-
stens nur schwer erklärliche Erscheinung, daß währcnd des
ganzen langen Kampfes zwischen Sklaverei und Freiheit
die Kunst so wenig Betheilignng an der großen Sache
zeigte. Nur sehr vereinzelt traten die Bilder auf, welche
sich mit den Ereignissen beschäftigten, die doch alle Gcister
in Spannuiig hielten. Und wenn einmal ein solches
Bild sich zeigte, so faßte es den Kampf nicht in seinem
inneren Kern auf, sondern beschäftigte sich lieber mit der
sentnnentalen Seite des FreischärlerwesenS nnd zwar
hanptsächlich nur in so fern, als es die höheren StLnde
berührte. Einderartiges Bildwar Lambdin's „Schwert-
weihe", eine sunge Dame, welche den Degen ihres Ge-
liebten, der als schmucker Osfizier vor ihr steht, dnrch
ihrenKnß weiht. Die Scene ist natürlich in ein elegantes
Boudoir gelegt. Um so anffallender war es, daß nach
Beendigung des Krieges sich plötzlich ein Knnstler durch
eine Reihe von Bildern hervorthat, welche das nachholten,
was die Kunst bisher versäumt hatte. Die Bilder waren
folgende: „Fliehende Sklavenfamilie", welche in cinem
Boote im frühen Morgennebel auf dem Flusse zn ent-
weichen sucht; „Margaret Garner", welche vor den Augen
der erschreckten Verfolger ihre Söhne lieber todtschlägt,
ehe sie dieselben in Sklaverei gerathen läßt, und „John
Brown", der auf dem Wege zum Richtplatze einen kleinen
llteger küßt. Die Bilder waren alle roh gemalt, unange-
nehm schmutzig in der Farbe und etwas theatralisch in den
energischen Geberden der Figuren. Das verfehlteste der
drei war nnstreitig das letztere, es war eigentlich nur eine
Uebersetzung der „Marie Antoinette" von Delaroche.
Ungeachtet dieserMängel aber verfehlten dieBilder dennoch
nicht, die Aufmerksamkeit anf sich zn ziehen. Sie halten
eben Gehalt, nnd das war es, was sie auszeichnete vor
der sie nmgebenden Leere, den nach der Elle ;u messendcn
Landschaften, den zahllosen Blumen- nnd Fruchtstücken,
den langweiligen Salondamen. Und der Knnstler Nobl e, der
diese Bilder gemalt hatte, war ein bekehrter Südländer,
der bis zn gutcr Letzt als Offizier in der Rebellcnarmee
mitgefochtcn hatte! Und dabei nicht etwa ein rafsinirter
Spekulant, der nnn meinte, dnrch nin so lauteres Freiheits-
geschrei seine Vergangenheit in Vergessenhcit bringen zu
können, sondern augenscheinlich ein sehr braver, wohl-
meinender Mann, in dessen ehrlichem Gesichte keine Spur
von Falschheit zu entdecken ist.

Zweierlei habe ich leider verfehlt. nämlich Bierstadt's
neuestes Bild: „Der brennende Vesuv", welches, dem
allgenicinen Urtheile nach, durchaus verfehlt sein soll und
Kaulbach'sKarton„ZeitalterderReformation". Beide sind
gegenwärtig weggcpackt. ^ propos des genannten Kartons,
so erzählt man sich in New-Uork eine charakteristische

Anekvote darüber. DerKarton war ausgestellt in einem Ge-
bäude, in welchem viel musicirt wird. Eines Tages pflanzt
sich eine Dame vor dem Karton anf und hört eine Zeit
lang der Musik im Nebenzimmer zu. Endlich fragt sie
cine Nachbarin: Ob der Vorhang nicht bald aufgehe?
Sie hatte „das Zeitalter der Reformation" für ein
Theaterstück, den Karton selbst aber für den Vorhang ge-
halten!

(Schlnß folgt.)

Kunstlitcratnr nnd Knnsthandet.

Kleine Akademie der bildenden Künste. Lehrbuch
für praktische Ausübung der zeichnenden Kunst; durch
Borbildung, akademischeS Studium, dessen Hülfs-
wissenschaften, philosophische Kunstbildung und
fernere Fortbildung im selbständigen Studium des
Malers von Prof. Heinrich Matthäh. Weimar,
B. F. Voigt.

Bei einer so reichen Produktion, wie die unserer
dentschen Presse gegenwärtig ist, darf es nicht Wunder
nehmen, wenn Manches nnter dem Producirten minder
gut ausfällt. Die Pflicht eines Fachblattes aber ist es,
nicht nnr auf das Gute unter den neuen Produkten auf-
merksam zu machen, sondern auch vor dem Schlechten zn
warnen. Jn diesem Fall befinden wir uns einem Werk
gegenüber, von dem setzt eben der erste Theil: Das akade-
mische Studium des Malers, seine Vorbildung und seine
Hülfswissenschaften, mit 24Tafeln erschienen ist. Jn der
That haben wir es hier, so zu sagen, mit der Karikatur
eines Lehrbuches zn thun, wie sie drastischer kanm hätte
geschasfen werden können, wenn man die Absicht dazn ge-
habt hätte. Der Herr Verfasser, der sich in der Nnter-
schrift der Borrede LandschaftSmaler und Architekt nennt,
tritt in dieser Vorrede allerdings sehr bescheiden anf. Aber
was hilft das? Es ist an stch eine Unbescheidenheit, mit
einem solchen Titel an die Oeffentlichkeit zn treten, wenn
man des Stoffes nicht mächtig ist; der Herr Verfasser aber
ist zunächst schon kaum des äußerlichen Mittels seiner Dar-
stellung, d. h. der dentschsn Sprache mächtig, dann aber
wieder von den philosophischen Sätzen, die er seiner
Dednktion nnterzulegen sich gedrungen fühlt, offenbar er-
stickt. Schon der erste Abschnitt mit der Ueberschrift: Was
ist Knnst? und ihr Alter, liefert davon Belege: Er de-
finirt den Begrifs der Kunst mit den Worten: — „nicht
nnr ein körperliches sondern zugleich anch ein höheres
geistiges „Können", dem ein viel Großes und Schönes
umfaßender freier Witle vorausgeht, der sich anch das
physische Können von seiner menschlichen Maschine er-
zwungen und diese seincm Willen („der Wille seinem
Willen") gehorsam nnd einverleibt gemacht hat." — Dann
soll das ägyptische Volk „schon um 1000 Jahre älter ge-
kannt" sein, als das griechische (es wären doch wohl mm-
destens 2000 Jahre zu setzen); ferner sagt er: „schon sehr
früh finden wir Aegypter unter den griechischen Künstlern
nnd so konnte schon in den ältesten Zeiten die üppige
asiatische Knnst wohlthätig von der ägyptischen Härte
berührt und dnrch dic Erkeiintniß im griechischen Gefühl
d. h. durch Lie innen empfundene reine Schönheit völlig
zerstört werden." — Weiterhin „bei ihnen lag die Schönheit
 
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