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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Generalversammlung und Ausstellung des "Vereins deutscher Zeichenlehrer" zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0139

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von dem Jngemeur von Gizycki und dessen Assistenten
von Quitzow waren vielfache Proben ihrer Ergebnisse
ausgestellt. Jn einfacher Schraffirmanier, in breiteren
und schmaleren Zügen wird gleichzeitig von dem Lehrer
an der Tafel groß und von den Schülern auf ihren Bret-
tern in übereinstimmendem kleinern Maßstabe der Gegen-
stand mit dem Pinsel und mit einer Farbe dargestellt,
nachdem vorher eine leichte Skizze gemacht und darin die
Maße eingetragen sind. Die Anfertigung jeder Uebungs-
zeichnung nimmt etwa zwei Stunden in Anspruch. Auch
in der Privatanstalt des Civilingenieur Boehme zn
Berlin wird in derselben Weise gearbeitet.

Ein wichtiges Erleichterungsmittel für den Unter-
richt in der darstellenden Geometrie bilden die von
vr. Hertzer angefertigten Fadenmodelle (für den Ge-
brauch der Gewerbe- und der Bergakademie zu Berlin).
Dieselben stellen gewisse besonders schwierige oder inter-
essante krummflächige Körper oder Fälle der Durch-
dringung solcher vor, wobei der größeren Anschaulichkeit
wegen für jeden Körper FLden von besonderer Farbe ge-
wählt, die Durchschneidungskurven aber durch aufgezogene
Perlen markirt sind. Eigenthümlich ist diesen Hertzer'-
schen Modellen, daß in dem einen Theil derselben auf der
(metallenen) Grnndfläche des Apparates die geometrische
Konstruktion eingravirt ist. Jn einigen Apparaten aber
sind die Fäden nur auf einer Seite fest, auf der anderen
auf Rollen gewickelt und durch Federn gespannt, wodurch
diese Apparate, bei vollständiger Verstellbarkeit der Rah-
mentheile gegen einander, fähig werden, eine große An-
zahl verschiedenartiger Körper und die schwierigsten Ueber-
gänge derselben in einander vorzuführen.

An einer anderen Stelle hatte vr. Hertzer in sorg-
fältigen Schülerzeichnungen die Konstruktion der Licht-
und Schattenwirkungen auf krmmmflächigen Körpern aus-
gestellt. —

Bei den Maschinen-Zeichnungen in der sogenannten
ganzen Manier machte sich das von Reuleaux einge-
führte Prinzip bemerklich, die Maschinentheile auf der
Seite des Reflexlichtes in der Komplementarfarbe zu der
Materialfarbe zu illuminiren.

Einen neuen instruktiven Apparat zum Aufsuchen
der zusammengehörigen komplementären Farben hatte der
Optikns Clsment ausgestellt nebst dem Lohmeyer'schen
Farbenkreisel und allen in das Fach des Mechanikus schla-
genden Jnstrumenten zum Zeichnen. — Zeichen- und
Mal-Utensilien hatten Spielhagen und Comp. in
Berlin in geschickter und geschmackvoller Weise in reichster
Entfaltung zur Ausstellung gebracht. Besondere Erwäh-
nung als eigene Arbeiten des Ausstellers verdienen: der
Eschke'sche Malapparat zum Zusammenlegen (nach Angabe
gefertigt, auf Studienreisen zu benntzen), ein kleines leich-
tes Paquet, dessen bescheidener Raum nach Möglichkeit
ausgenutzt ist. Sodann eine verbesserte Feldstaffelei, welche

stch vor den französischen durch größere Stabilität und
Vollständigkeit bei gleich großem Volumen in zusammen-
geklapptem Zustande auSzeichnet. Drittens ein Zeichen-
tisch, der mit Leichtigkeit in jeder beliebigen Höhe, horizon-
tal und schräg, aufgestellt werden kann, und der sich durch
seine einfache und solide Konstruktion, sowie den dadurch
ermöglichten niedrigen Preis sehr empfiehlt, auch schon
vielfach Anerkennnng gefunden hat.

Proben von geometrischen Zeichnungen, Bau-undOr-
namentzeichnungen waren von Verschiedenen vorhanden,
so von den Zeichenlehrern Raetz und Krause zu
Berlin, von der Baugewerkschule zu Höxter nnd der
Provincialgewerbeschule zu Saarbrücken. Höxter hatte
auch eine Anzahl kunstreicher Modelle eingesandt, in
denen die Eleven der Anstalt selbstgestellte schwierige
Konstruktionsaufgaben zu lösen versucht haben. Bei
Saarbrücken tritt das Bestreben nach übertrieben voll-
endeter AuSführung in den Bordergrund, unseres Er-
achtenS eine nicht empfehlenswerthe Methode: die auf-
gewendete Zeit steht in keinem annähernd richtigen Ver-
hältniß zu dem wirklichen Gewinn, namentlich bei
Schülern, die vem Stande der Gewerbtreibenden an-
gehören. Unter den figürlichen Zeichnungen dieser Schule
bemerkten wir die einzigen Studien nach DnpuiS'schen
Modellen, welche letzteren selber auf der ganzen Aus-
stellung vergeblich gesucht worden wären.

An die gewerblichen Zeichenschulen müssen wir nach
ihrem officiellen Titel auch diejenige Anstalt anreihen,
deren Leistungen die größten, die zahlreichstcn, die
mannichfaltigsten und — was sich mit jenen Vorzügen
selten veremigt — die besten auf dieser Ausstellung
waren, die Kunstgewerbschule zu Nürnberg unter von
Kreling's meisterhafter Leitung. Die ornamentalen und
architektonischen Zeichnungen, zum Theil ganze Monu-
mente, wie der schöne Brunnen u. a., in Blei oder mit
dem Pinsel getuscht, bekunden eine Freiheit und Leichtig-
keit in der Behandlung und ein Verständniß der Formen,
die staunenswerth sind. Doch werden diese Arbeiten durch
die Proben des figürlichen Zeichnens weit übertrofsen.
Eine Reihe lebensgroßer Brustbilder in Kreide, nach
dem lebenden Modell, zum Theil schon von der Pariser
Weltausstellung her bekannt, gehört geradezu zu dem
Ausgezeichnetsten, was in dieser Weise geleistet werden
kann, in dem Grade, daß es schwer hält, dem Publikum
den Glauben beizubringen, daß es Schülerarbeiten gegen-
übersteht. Daran schließen sich dann, neben einer Unzahl
gewöhnlicher kleiner, etwa ein Dutzend lebensgroße
Akte von einer solchen Vollendung, daß hier mit Be-
schämung, aber rückhaltlos eingestanden wurde, aufunserer
Kunstakademie könne Aehnliches nicht erzielt werdeu. Zwei
lebensgroße Gewandstudien gestalteten sich eigentlich zu
vollständigen Bildern von nicht geringem Verdienst, auch
nach der Seite der Ersindung, und bei einem ganzen
 
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