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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0141

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der Ausführung mehrerer Bestellungen beschLftigt. Für
den Kronprinzen von Preußen hat er gegenwärtig die
Eroberung der ersten österreichischen Standarte durch
preußische Dragoner in der Schlacht bsi Nachod zu malen,
welchem Bilde dann später eine Darstellung Friedrich des
Großen mit seinem Stabe zu Pferde in Lebensgröße im
Auftrage des Königs Wilhelm folgen soll. Ein eben
vollcndetes Werk, das für den Prinzen Alexander von
Preußen bestimmt war, zierte jüngst die Permanente
Kunstausstellung von Ed. Schnlte und zeigte in ziemlich
großen VerhLltnissen die Begrüßung des Kronprinzen und
des Prinzen Friedrich Karl am Abend der Schlacht von
KöniggrLtz auf der Höhe von Chlum. Die Komposition
gehört zu den schönsten, die Camphansen entworsen, und
die malerische Ausführung entspricht dem anerkannten
Geschick des unablLssig thLtigen Künstlers. Ein großes
AltargemLlde für die evangelische Kirche zu Schwerin an
der Warthe von Heinrich Lauenstein war einige Zeit
spLter bei Schulte ausgestellt und erregte gerechtes Auf-
sehen. Es zeigte den Erlöser am Kreuz, über dessen Haupt
Gott-Vater mit ausgebreiteten Armen in heüem Licht-
glanz sichtbar ist, wLhrend unten tiefe Finsterniß herrscht
und ein Sturmwind die Bäume niederbeugt. Jn Zeich-
nung, Korlorit und Ausdruck gleich anerkennenswerth,
erregte diese Auffassung doch unser Bedenken, da durch
die Gestalt Gott-Vaters die Aufmerksamkeit von der
Figur Christi abgelenkt nnd deren Wirkung beeintrLch-
tigt wird. Wir wissen nicht, ob der Künstler zu dieser
Anordnung aus eigener Jntention oder auf den Wunsch
seiner Auftraggeber gckommen ist, glauben aber, daß sein
sonst so tüchtiges Bild wesentlich gewonnen haben würde,
wenn die dunkle Luft bis oben durchgeführt wäre.

Die neue Konknrrenzausschreibung zur Ausschmücknng
des Nathhaussaales in Crefeld mit Oelgemälden ist nun
auch erfolgt. Dieselbe giebt diesmal die Wahl des Gegen-
standes dem freien Ermessen der Maler anheim und setzt
für die zweitbeste Skizze wieder ein Accessit von Zwei-
hundert Thalern aus. Die Entwürfe müssen bis 1. No-
vember d. I. dem Ausschuß des Kunstvereins für die
Rheinlande und Westfalen hier eingesendet werden.
Wir sind gespannt, wie die Betheiligung der Künstler
ausfallen und ob eine endgültige Entscheidnng diesmal er-
folgen wird.

Von dem erhöhten Jnteresse, welches allenthalbeu für
die Kunst und ihre Vertreter herrscht, haben wir zwei schöne
Zeugnisse anzuführen. Das eine finden wir in einem
Legat von dreitausend Thalern, welches ein hier gestor-
bener Rentner, Abraham Wetter, unserer Kllnstlerschaft
ausgesetzt hat für ein Reisestipendium und das andere in
dem Anerbieten des berühmten Kölner Männergesang-
vereins, zum Besten des hiesigen Künstlerunterstützungs-
vereins bei uns ein Koncert zu geben, welches natürlich
anf's Dankbarste angenommen wurde und dessen Aus-

führung durch die zahlreiche Betheilignng des Pnblikums
zu einem höchst erfreulichen Ergebniß geführt hat. —
Schließlich wollen wir noch mittheilen, daß die beiden
kleinenGemLlde Lessing's: „Huß auf demKoncil"(früher
in der Artbaber'schen Galerie in Wien) und„Huß vor
dem Scheiterhausen," welche lange Zeit eine Zierde der
Ausstellung des Herrn Schnlte bildeten, von diesem für
dcn Preis von zehntausend Dollars an den reicheu Kunst-
frennd Longworth in Cincinnati verkauft und bereits dahin
abgesandt worden sind.

Chemnitz, im Frühjahr rses.

L.. 8. Chemnitz ist zwar Vielen als Jndustrie- und
Handelsstadt bekannt, man weiß vielleicht auch, daß es
officiell zur Großstadt gestempelt worden ist und in
Folge dessen mehr Steuern aufbringt, aber man hat ein
Vorurtheil gegenüber dem wissenschaftlichen und künst-
lerischen Standpunkte der Stadtj man vergleicht sie mit
anderen an Umfang und Einwohnerzahl gleichen oder Lhn-
lichen Orten und sieht mit Achselzucken den llnterschied, ja
den Kontrast beim Vergleiche. Wer aber gründlicher prüft
und nicht von oberflachlichen llrtbeilen reisenderHandels-
oder GesckLftslente sich irre führen läßt, der wird zu ganz
anderem Schlusse kommen. Wohl mochte Chemnitz in der
ersten Zeit seines raschen Emporblühens seinen Sinn
fast lediglich auf den materiellen Erwerb richten nnd
darüber rein geistige Jnteressen in den Hintergrund drän-
geu; die Erfahrung blieb aber nicht aus, daß, nm auf
dem Weltmarkte mit Erfolg zu konkurriren, Wissen und
Können nothwendig zusammeugehören. Es entwickelte
sich somit, neben der durch den Verkehr mit aller Welt
uuerlLßlichen llmgangsbildung, das fortschreitende Be-
dürfniß nach einer tieferen GeisteSbildnng. Diesem
Bedürfnisse Rechnung zu tragen ward zuerst den Schu-
len die äußerste Aufmerksamkeit zugewandt, so daß die-
selben jetzt zu den besten Deutschlands gezählt werden
müssen. Die Fortschritte in der Weberei gingen Hand in
Hand mit denen des Mnsterzeichnens. Durch die mate-
rielle Vergrößerung der Stadt stieg die Zahl der natür-
lichen VertreterderWissenschaft, derBeamten, Geistlichen,
Lehrer, Aerzte u. s. w. nnd gleichzeitig die der Künstler.
Der überwiegende Theil der letzteren bestand selbstver-
ständlich aus Architekten, die durch den raschen Anwnchs
der Stadttheile reiche BeschLftigung fanden. Zn ihnen
gesellten sich aus.demselben Grnnde die Bildhauer und
die Maler, deren mehrere durch das allgemein erkannte
Bedürfniß nach künstlerisch gebildeten Zeichenlehrern an
den städtischen Schulen hieher gezogen wurden.

Es konnte nicht ausbleiben, daß mit der wachsenden
Anzahl von Gleichgesinnten sich bei denselben auch das
Bedürfniß kund gab, einen Meinungsaustausch zu veran-
lassen und durch Korporation das gemsinsame Jnteresse
krästiger zu vertreten. Nach einigen mißlungenen Ver-
 
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