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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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183 Kunstliteratur. —Kunstunterrichtu. Kunstpflege. —Personalnachrichten. —Kunstvereine, Sammlunqen n. AnSstellnngen. 184

V. Müller, der mit einem so hervorragenden Farbensinne
begabt war, daß er unbedingt unter die bedeutendsten
Koloristen eingereiht werden muß, gleichwohl aller üblichen
Kunstgriffe des Kolorits und jeglichen Haschens nach wohl-
feilen Effekten: er war ein Künstler in der schönsten Be-
deutung des Wortes.

Kunstliteratur.

Hotdeiil uiilt Iii8 tillik. Lv vi. Hkieä ^olt-
mrmn. Mnmslateä i>v I'. lv Lunriot. stVitd
sixt^ illustiutioiis. lniiiäoii, liieliniä lleiitlo^
uiiä 8011. 1872.

Die englische Uebersetzung von Woltmann's Hol-
bein ist in einem starken Bande in clegantester Ausstat-
lung erschienen. Der Einband, welcher Gestalten und
Motlve aus Holbein's Werken in passender ornamentaler
Berbindung zeigt, ist höchst geschmackvoll; in schönem
Druck auf starkem, gelblichem Papier, mit den Holz-
schnitten der deutschen Ansgabe, macht das Ganze einen
so stattlichen Eindruck, daß es den Vergleich mit Mr.
Wornum's glänzend ausgestattetem Buche über Holbein
nicht zu scheuen braucht. Beim Durchblältern wird man
sinden, daß der Berfasser seine Arbeit vor der Ueber-
setzung nicht unerheblichen Aenderungen und Durcharbei-
tungen unterzogen hat. Vielfach ist die Darstellung,
namentlich in den früheren Abschnitlen, gekürzt und zu-
sammengedrängt, ergänzt, besser gruppirt. Es scheint
aber. daß zwischen dieser Bearbeitung und der Vollen-
dung sowie dem Druck der englischen Uebersetzung nicbt
unbeträchtliche Zeit verflossen ist. Die Resultate neuerer
Forschungen, etwa seit dem Jahre 1870, also die nenesten
archivalischen Ermittelungen von His-Heusler in Basel,
dann Alles, was sich kürzlich hinsichtlich der Augsburger
Jnschrift, des Geburtsjahres, der angeblichen Jugend-
thätigkeit des Künstlers herausgestellt hat, finden wir
nicht mehr berücksichtigt. Hierfür dürfen wir wohl den
Autor selbst ebensowenig verantwortlich machen wie dafür,
daß in der englischen Ausgabe das Verzeichniß der Werke
ganz fortgelassen ist, das wohl den mühseligsten Theil der
wissenschaftlichen Arbeit ausmachte, aber auch für die
wahre Benutzung des Buches unnmgänglich nothig ist.

Jn der englischen Presse findet das Werk gute
Aufnahme. Die Pall Mall Gazctte vom 29. Januar
sagt in einem ausführlichen Aufsatze über dasselbe:
„vr. Woltmann's Arbeit wird sich nicht nur den besonderen
Bewundern Holbein's empfehlen, sondern Allen, welche
an der Kunst um ihrer selbst willen und als einem mächtigeu
Hebel der Civilisation und Bildung Interesse nehmen.
Ein Gelehrter, ein scharfsinniger und vorurtheilsfreier
Kritiker, ein beredter Schriftsteller hat hier das Seinige
gethan. Fragen der Kunst sind mit Meisterschaft ohne
Dogmatismus behandelt, und von dem bewunderns-
werthen Eingangskapitel bis zu dem, welches das Buch
schließt, wird unser Interesse an Holbein und seiner Zeit
imnier im Steigen erhalten. Im Plane gleicht das
Werk Hermann Grimm's Michelangelo, aber es über-
trifst das letztere bei weiteni in der Ausführung. Hier
bleibt der Gegenstand selbst immer der Mittelpunkt des
wahren Jnteresses, und politische und religiöse Fragen
und Bewegungen sind nur in sofern berührt, als sie auf
das Leben des Malers und auf die Knnst seiner Zeit
Einfluß haben. Auch die Schauplätze von Holbein's
Wirksamkeit sind mit künstlerischeni Geschick skizzirt.

Gleichzeitig sind gewisse Abschnitte für sich allein als
werthvolle Essays lesenswerth; solch eine Abhandlung ist
in den beiden Kapiteln über die Darstellungen des Todes
in der Kunst und überHolbein's wohlbekannten „Todten-
tanz" enthalten. Ja, es ist kein Kapitel in dem Buche,
welches nicht sein eigenes und besonderes Jnteresse
gewährte."

ümistiintcrncht und Kunstpstegc.

Küiistlerstipendien. Ans dem Fonds für Künstler-
stipendien, welchen das österrcichische Ministerium für Kulliis
und Unierricht alljährtich zn vertheilen hat, sind heuer sol-
gende bildende Knnstler bedacht worden: der Maler Ednard
Charlemont, der Bildhauer Karl Dworzak, die Malerin
Olga v. Fialka, der Maler Johann Knöchl, die Malerin
Theodora v. Hermannsthal, der Bildhauer Emanuel
Pendl, die Architekten Hermann Riewel und Ludwig
Wä chtler.

Kersonalnachrichtcn.

L. Professor W. Cnmphauscn in Diisseldorf hat vom
deulschen Kaiser den Austrag erhalten, dessen großes Rciter-
porträt in ähnlicher Weise auszuführen, wie er bereits die
trefflicheii Bilder des großen Kursiirsten und des alten Fritz
gemalt. Zunächst wird der KUnstler indessen eine frühere
Bestellung des städlischen Museums in Köln erledigen, fiir
welches er ebenfalls den Kaiser zu malen hat, wie er, von
Bismarck und Moltke begleitet, in schnellem Trab iiber das
Schlachtfeld sprengt.

L. Professor Augnst Wittig in Düsseldorf ist von der
königl. italienischen Akademie der schöncn Klliiste in Carrara
dnrch cinstimmigen Beschlnß des akademischen Senats in der
Plenarsitzung vom 2. Januar zum Ehrenmitgliede ernannt
worden.

Itr. Karl Stegmann wurde znm Direktor des neuen
Gewerbemuseums in Nürnberg ernannt und ist bereits von
Weimar dorthin überqesiedelt.

Profcssor Itr. Otto Benndorf in München erhielt einen
Ruf an die Universität Prag für klassische Archäologie und
wird demselben Folge lcisteu.

Professor vr. Auton Springer iiberiiimmt die Professur
fiir Kunst- und Kulturgeschichte an der nenen Reichsuniversität
S t r a ß b u r g.

Llilistvccrilik, Sammlnngen nnd Änsstrllnngcn.

Ps Oestcrreichischcr Knnstverein. Seit dem Bestehen
des Wiener Künstlerhauses konnte dcr Kuiistvereiu unter den
Tuchlauben, als strebsamer Konkurreiit, seine Kassastücke nur
von Außcn her beziehen, da die meistcn iriländischen Künstler
zur Genossenschaft gehören und dort exponiren. Ein beson-
derer Gliicksstern scheint die Bereinsleitung im laufenden Jahre
zu führen, denn sowohl im Januar wie noch mehr im Februar
wußte sie in der That Hervorragendes heranzuziehen. Wir
beginnen mit der Januar-Aiisstellnng und nennen gleich obenan
den Venetianer Antonio Rotla. Seine vier Genrebilder ge-

hörten zu dem Bcsten, was seit Langem in diesen Ränmen

gesehen wurde. Alle Vorzüge eines tüchtigen Genremalers
finden wir in diesen Arbeiten wieder: strenge Zeichnung,

charakteristische, naturwahre Aufsassuiig, pikante Vorwürfe und
vollendete Ausfiihrung. Seine „schlechte Gesellschaft" zählt
iiberhanpt zu dem Gelungenstcn, was die neuere Genremalerei
hervorgebracht hat. Den Ehrenplatz im Ausstellnngsiokale
nahm aber Zimmermann's „Walpurgisnacht" ein. Ein
großartiges und schwungvoll gedachtes Motiv. Es muß aber
dennoch unverhohten ausgesprochen werden, daß sich der schätz-
bare Meister hier auf einem falschen Gebiete besindet. Diese
Elemente, mit wclchen Dore die Welt in Erstaunen und

Schrecken zu versetzen verstand, siud nicht Jedem mit ihrer
Wirkung dienstbar. Nicht in der Derbheit des Effektes liegt
das Packende bei solchen Darstellungen, sondein in der Har-
mouie der aufgeweudeten Mittel. Der Hauptfehler des Bildes
ist die unglückliche Staffage. Wie anmuthig begegnete uns
dagegen der Knnstler in seinem zweiten Bilde: „Ave Maria
bei Gesenzano". Ein reizvollcs Motiv, in gnldne Abend-
 
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