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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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289

Konkurrenzen. — Sammlungen und Ausstellungen.

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Hebt dieser opferbereite Abraham nicht sein Schwert gegen
Jsaak, als gelte es einen Riesen zu fällen? — Stürzt
dieser verrätherische Judas im Garten Gethsemane nicht
gegen seinen Meister, wie ein Tiger seine Beute faßt? —
Und nun dagegen Duccio.

Da ist z. B. seine „Kreuzabnahme". Für die Kom-
position hält er mit fast religiösem Respekt die traditio-
nellen Motive bei, wie solche z. B. das bekannte Kanzel-
relicf von S. Leonardo in Florenz zeigt. Auch Niccvlo
Pisano behält für seine berühmte Portallünette von Lucca
diese Motive, die er zunächst mit dem Sinne des Plasti-
kers ergänzt, belebt und veredelt. Duccio verklärt die
Gestalten zu wundersamer Schönheit und veredelt sie
durch die Züge zartester Empfindung. Wie z. B. Ler
Todte, aus dessen Händen die anheftenden Eisennägel
schon entfernt worden, durch die natürliche Schwere mit
dem Oberleibe vom Kreuze herabsinkt, und wie ihn die
Mutter mit.offenen Armen auffängt, ist es wie eine Um-
armung nach schmerzlicher Trennung: da habe ich dich
wieder! — Giotto geht kauni irgendwo in ähnlicher Weise
auf zarte Rührung ans. Seine Klage um den Leichnam
Christi (im Bilderkreis zu Padua) drückt den Schmerz
mit aller Gewalt der herbsten Tragik aus. Er ist eine
mannhafte starke Natur und eine solche mußte auch
kommen, um dem Byzantinismus in der Kunst ein
Ende zu machen, um ihr, wie Cennino und Ghiberti von
Giotto rühmen, neue Pfade zu bahnen, wie sie noch
Keiner vor ihm gewandelt. —

Die vorstehenden Abscknitte und der anschließende
„Zur Geschichte des Antichrists" bewegen sich, wie man
sieht, fast nur in der Sckönheitswelt Jtaliens, aus wel-
cher Ambros uns eine Fülle der köstlichen Früchte seiner
Beobachtungsgabe darbietet.

Der altdentschen Kunst gehört das letzte von seinen
der bildenden Künst gewidmeten Kapiteln: „Von der
Holbein-Ausstellung in Dresden", in welchem er
auf's Entschiedenste Partei fllr die Dresdener Madonna
nimmt. H. Allmers.

* Von Oppermann's trefflicher Biographic Rietschel's
ist soeben eine zweite vermebrte Ausiage (Leipzig, Brockhaus)
erschienen. Abgeseben von einigen Kürzungen nnd Berich-
tigungen ließ der Autor die erste frische Fassung des Textes
im Wesentlichen stehen. Als Anhang enthält die neue Auflage
eine Beschreibung des Lutherdenkmals in Worms und ein
Verzeichniß der im Rietschel-Museum zu Dresden vereinigten
Skulpturwerke. Außerdem ist ein gelungene« Porträt Rietschel's
nach Photographien gestochen von Friedrich, beigefügt. Die
Lekiüre des Buches kann vornehmlich unserer nachwachsenden
Künstlergeneration nicht warm genug empfohlen werden. Es
ist eine der ansprechendsten und lehrreichsten Künstlerbiographien,
die wir besitzen.

* Didron's Annalen sind, wie der Herausgeber seinen
Lesern am Schlusse des 27. Bandes ankündigt, vorläufig einge-
gaugen, — und wie wir nach dem Tone dieser Ankllndigung ver-
muthen, wobl nicht bloß vorläufig, sondern sür immer. Außer
den ungünstigen Zeitumständen, auf welche Hr. E. Didron
zur Motivirung seines Entschlnsses binweist, scheinen es
namentlich persönliche Gründe und besonders die großen Kosten
de» Unternehmen« zu sein, welche das Eingehen veranlaßten.
Den Abonnenten wird ein ausführliches Register von der
Hand de« Hr. Barbier de Montault, eines HauptmitarbeiterS
der Annalen, für nächste Zeit in Aussicht gestellt. Wir
können nicht ohne lebhaftes Bedauern von der so reichhaltigen
und gediegen ausgestatteten Pnblikation scheiden, welche der
eifrigen Thätigkeit auf dem Gebiete der christlichen Archäologie
Frankreich« lange Jahre hindurch zum Sammelpunkte diente.

8n. Britisches Museum. Ueber die von der Verwal-
tung des Britischen Museums herausgegebene Sammlung
von Photographien nach Werken der Skulprur und der Klein-

kunst des klassischen Alterthums, der Aegypter und orientalischen
Völker, sowie der altbritischen und vorhistorischen Welt ist
jüngst ein Verzeichniß mit Preisangaben erschienen. Dasselbe
ist von einer Einleitung begleitet, deren Berfasser, Cbarles
Harrison, hauptsächlich über die der griechischen und römischen
Kunstwelt angehörigen Schätze des Britischen Museums zu
orientiren sucht. Die photographischen Reproduktionen der
unter dem Namen „Elgin Marbles" bekannten Bruchstllcke des
plastischen Schmuckes vom Parthenon, sowie mancher Skulpluren
der ehemaligen Sammlung Blacas, endlich der ninivitischen Re-
liefs werden Freunden anliker Kunst eben so willkommen
sein, wie sie dem archäologischen Studium nützlich sind. Die
Photographien sind einzeln und in Serien von Fr. Bruckmann
in Berlin zu beziehen, deßgleichen der Katalog zum Preise
von 5 Groscken.

8n. I-'vrwkmeiil polxolirom«. Das unter diesem
Titel von A. Racinct herausgegebene Prachtwerk, Verlag
von Firm. Didot in Paris, ist mit dem jllngst erschienenen
t«>. Hefte, welches als Text einen Abriß dcr Geschichte des
Ornaments mit zahlreichen Holzschnitten bringt, vollständig
geworden. Das ganze Werk umfaßt tvO Tafeln in Hoch-
quart, mit ca. 2000 Dekorationsmotiven in sehr geschickrer
Gruppirung und zeichnet sich bei vortrefflicher Ausführung
des Chromodruckes durch einen erstaunlich dilligen Preis aus.
Vor der „Orammsr ot orllament" von Owen Jones hat es
den Vorzug größerer Mannigfaltigkeit und gleichmäßigerer Be-
rücksichtigung der verschiedenen Kunstepochen voraus, wenn
auch die leicht erklärliche Vorliebe für die Stile Louis XIV.
und Louis XV. und für die nationale Kunst der Franzosen
überhaupt nach dieser Seite hin des Guten vielleicht etwas
zu viel gethan hat.

ÄonkurreilM.

Monument für Eötvös. Jn Pest hat stch ein Komitö
qebildet, welches zur Anfertigung von Konkurrenzentwürfen
für ein dem ungarischen Schriftsteller (und Minister) Baron
Joseph Eötvös zu errichtendes Monument unter nachfolgenden
Bestimmungen einladet. Das Denkmal wird auf einem freien
Platze, wahrscheinlich in einem Garten und zwischen Bäumen
stehen. Das Material wird Metall sein und die Höhe des
Monumentes ohne Sockel etwa 12 Fuß betragen. Dasselbe
soll die Gestalt des Barons Josepb Eölvös, treu nach seinem
Leben und Charakter, in kllnstlerischer Anffassung darstellen.
Die übrigen Details kann der Künstler selbst bestimmen.
Die Bewerber müssen ihre Pläne als Gypsmodell mit einem
ihren Namen bergenden Mottobriefe bis spätestens 3l. De-
cember 1873 an den Secretär des Komile s in den Akademie-
Palast nach Pest senden. Mil einer Planskizze kann nicht
konkurrirt werden, und das Modell muß ohne Sockel wenigstens
4 Fuß boch sein. Sockelmodelle, Zeichnungen oder Kosten-
voranschläge werden gerne angenommen, aber nicht unbe-
dingt gefordert. Die gesammten Kosten der Anfertigung, des
Sockels, der Aufstellung und anderweitiger Nebenausgaben
dürfen jedoch nicht mehr als höchstens 40- bis 50,000 fl. be-
tragen. Die Prämie beträgt 400 Francs und wird dem
besten Werke in jedem Falle ausgeliefert. Konkurriren können
sowohl vaterländische als auch ausländische Kllnstler.

Sammlungen un- Äusstcllungen.

/X Münchener Kunstverein. Man rühmt den Slaven
bekanntlich bedeutende Anlagen zu technischer Fertigkeit nach.
Die Richtigkeit dieserBehauptung bewährt sich neuerlich auch
im Gebiete der Kunst: speziell in München, woselbst sich eine
förmliche Kolonie slavischer Künstler niedergelassen hat. Daß
sie sammt und sonders Schüler Piloty's sind, versteht sich von
selbst, ich wenigstens würde mich nicht im Geringsten darüber
wundern, wenn ich Jhnen eines schönen Tages von den
Leistungen junger Südsee-Jnsulaner zu berichten hätte, die
sich nnter seiner Führung der Kunst geweiht. Doch Scherz
bei Scite: es ist gewiß eine Thalsache, die zu denken gibt,
wenn eine einzige Wochenausstellung des Kunstvereins, dem
die wie Pilze emporschießenden Kunsthandlungen die besten
Kräfte zu entführen Pflegen, drei größere Bilder von Kllnst-
lern slavischer Nationalität vorführt. Da haben wir drei
Maler, deren Namen mit ski endet; Gierymski, Chetmonski
und Czachorski. Eines weiteren Äusweises über ihre
Nationalität bedarf es nicht. Dem ersten verdanken wir schon
 
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