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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Nekrologc. — Kuiistvereinc. — Sammlungeu und Ausstelluugen.

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und da ihm dies bei scinem höhcrn künstlcrischen Streben
nicht genngen konnte, so suchtc er sich aus eigenen
Kräflcn und nach guten Musterblättcrn in der Linien-
manier auszubildcn, was ihm auch auf so überraschende
Weise gelang, daß er alsbald die Darstcllnngen der
Thcologic und dcr Philosophie, nach Hermann's und
Götzcnberger's Frcsken in dcr Aula dcr Bonner Univer-
sität, zur Zufriedenheit dieser beidcn Künstler als Kupfer-
stich auszuführcn vermochte. Das Streben nach mög-
lichster Genauigkeit ver Zeichnnng und liebevolles Em-
dringen in den Geist des wiederzugebenden Kunstwerks
sprachen sich schon in dicsen Erstlingsarbeiten auf unzwei-
dcutige Wcisc aus. Um sich abcr weiter zu vervoll-
tömmnen, verlcgte Keller 1835 seinen Wohnsitz von Bonn
nach Düsseldorf, wo die Knpferstccherkunst damals aller-
dings zwar auch uicht besonders blühte, wo aber doch dcr
Umgang mit den vielcn rüstig schaffenden Malern stcts
neue Anregung bot. Besouders cinflußreich wurde für
ihn der Verkehr mit dcm vielscitig gcbildetcn Julius
Hübner, uutcr dessen Anlcitung cr einen Stich nach desscn
„Rascndem Roland" in bedeutcnder Größc für dcn
rheinisch - wcstphälischcn Kunstverciu ausführte, wclchcr
schon außerordentliche Schönheiten zcigt. Es sammelte
sich nnn schon ein Krcis von Schülcrn um den strebsamen
jungen Mcistcr, dcsscn Talcnt von Seitcn dcr Akademie
alle Aufmunterung erfuhr. Als l839 der alte Professor
Thelott starb, dcr in den letzten Jahrcn fast nur noch
deni Namen nach als Lehrer der Kupfcrstechcrkunst fungirt
hatte, erhielt Keller provisorisch dessen Stelle, die ihm
1846 cndgiltig übcrtragcn wurdc. Zugleich ward ihm
der Prvfessortitel verliehen. Eine Kunstrcisc nach Paris
war von vortheilhaftcr Wirkung für seine raschen Fort-
schritte, die mit cincr vermehrten Schülerzahl Hand in
Hand gingcn. Der Kunstvercin für die Nheinlande und
Westphalcn ertheiltc ihm 1844 dcn chrenvollen Auftrag,
Rafsael's „Disputa" in den Stanzen des Vaticans als
Stich in der beträchtlichcn Größe von 7 '/^ Z» 5!/., Fuß
auszuführcn, und.Kellcr begab sich in Folgc dcssen soglcich
nach Rom, wo cr cine wahrhaft vollcndete Zcichnung dicses
Meisterwerks anfertigte, dic schon cine gleich gelungene
Durchführung der Platte voraussehcn ließ. 1844 kehrte
er aus Jtalicn zurück und begann nach der Vollendung
eincs großen Stichs von Raffael's „Heiligcr Dreifaltig-
keit" in S. Severo in Perugia sofort scinc umfangreiche
Arbeit, die er mit unermüdlichem Fleiß nach einer Reihc
von Jahren so glücklich zu Endc sührtc, daß wir in ihr
eins der schönsten Blätter der vervielfältigenden Künste
besitzen. Die ganze Tiefe der Charakteristik und all die
andern Vorzüge des Originals sinv mit eincr Trcne nnd
doch zugleich mit ciner künstlerischcn Freiheit nachgebildct,
wie es nur einem Talent ersten Ranges möglich war, das
sich seiner hohen Anfgabc völlig bewußt, dieselbe mit
hingebendem Eifer nnd rastloscm Studium durchzuführen
vermochte. Von den übrigen großen Blättern Keller's
sind noch zunennen: „Die Himmclkönigin" und die„Mater
Dotorosa" nach Deyer, sowie „Christus im Grabe" nach
Ary Scheffer, denen sich noch mehrere Stichc nach Zcich-
nungen von Overbeck, Steinle u. A. , sowie kleinere
Sachen anreihcn, welche sämmtlich die Tiefe des Gefühls
in dcn Köpfen und dic strenge Beobachtung der charak-
teristischen Eigenschaftcn des Originals Lewundern lassen,
wobei noch eincr malerischcn Wirküng stets gebührcnde
Rechnung getragen wird, sobald diesclbc mit der Strengc
des Stils verträglich erscheint. Seine letzte große Arbeit

und eins seiner Hauptwerke war ein Stich der Sixti-
nischen Madonna Raffael's, voü deni Professor Springer
mit Nccht in dieseu Blättern sagen konnte (VI. Jahrg.
No. 20), daß er die hohen Erwartungen, zu denen die
bewährtc Meisterschaft des Künstlers bercchtigte, nicht
allein erreicht, sondcrn noch übertroffen habc. Und wenn
Springcr ferncr sagt: „Keller's Kupserstich ist Raffael's
würdig", so ist dies wohl das höchste Lob, welchcs über-
haupt ausgcsprochen werden kann, das aber cin durchaus
verdientes genannt werden muß, wie ja auch alle andern
Kniistgelehrten und Kenner in der Anerkennung dieses
Meisterwerks übereinstimmcn. Kellcr's hohc Beoeutung
faud im Jn- und Auslande die gebührende Beachtnng.
Zahlreiche Orden schmückten seine Brust, von denen ihm
das Großkreuz des Würtembergischen Kronen-Ordens
den Adel eintrug, Ehrendiplome und Medaillen wurden
ihm von allen Seiten zu Theil, und auch andere AuS-
zeichnungcn ehrtcn den Meister, vcr seinen Nanicn mit
unsterblichem Rnhmc geschmückt hat. Einc Wittwe und
fünf Söhne betrauern seinen Tod, und die Düsseldorfer
Künstlcrschaft verliert iu ihm nicht nur cinen der her-
vorragendsten Lehrcr und Genossen, sonderu auch eincn
allseitig beliebten, achtungswerthen Freund.

Morist Blamtarts.

ChnrlcS Lucy, eiu ausgezeichuctcr cuglischcr Maler, ist
am 20. Mai im Alter von 59 Jahren gestorben. Er war geboren
zu Hereford, studirte die Malerkunst in Loudon und später uu-
ter Paul Delaroche zu Paris. Nachdem er im Haag und in
Paris mehrcre Köpicn nach altenMeistern augefertigt hatte, sicdcltc
er sich in der Künstlcrcolonie zu Barbisoii in der Nähe von
Fontaineblean an und lebte dort seiner Kunst und seiner-Fa-
inilie. Jm Jahre 1843 erhielt er eiuen Preis fi'ir cin Gcmäldc,
das zuerst die Ausmerksainkeit auf ihn lenktc. Es gehörcn zn
seinen bedeutendsteu Leistungen: ein Gemälde, das Cromwcll,
seine Familie und einige andere herühmte Persönlichkciten dar-
stellt, wie sie an einem Sonntag Rachmittage dem Orgelspiele
Milton's im Hamvlon-Court Palace lauschen; ein andcres,
,,die Beerdigung Karl's I." genannt, „Napoleon an Bord des
Orient" und mchrere andere. Lucy hat außerdem eine Reihe
von Bildnissen berühmter Männer angefertigt, und man sicht
in dem Museum von Sonth Kensington die aus seinem Atelier
hervorgegangenen Portraits von Gladstone, Cobden, Hnme,
Bright, Garibaldi, Nelson, Cromwell u. s. w.

Kilnsllikrmir.

Kiinstvercin in Königsberg i. Pr. Obgleich die letzte
Gcmäldc-Ausstellung von answärtigen KUnstlern nicht rcichlich
beschickt war, so haben die Ankäufe auf derselben dennoch eine
bisher nicht erlangte Höhe erreicht. Es wurden von Privaten
30 Oelbilder nnd IÖ Aquarcllen sllr 7428st., Thlr., vom
Knnstvereüi 14 Oelbilder sür 2753 Thlr. zur Verloosung und
4 Oelbilder für 4N2 Thlr. zur Einvcrleibung in die städtische
Galerie angekaust. Letztere sind: Lindenschmit (München):
Raleigh im Tvwer, Brann (München): Markt zu Atigny im
letzten Kriege, Neide lKönigsberg): Psyche von Charon in die
llnterwelt geführt, Heydeck sKönigsberg): Portrait I. Kant's.
Jn diesen Tagcn hat der Kunstvercin noch ein Genrebild von
Piotrowski (Äönigsbcrg) für das Stadtinnseum erworben.

Sai»m1i»igril niid Ansstrllllllgril.

Dic lliiigcstciltiiiig dcr „Albcrtina" iu Wien. Das

Herannahen der Weltansstcllnng hat in Wien manchcs längst
empfnndcne Bedürfniß fühlbarcr gemacht, manchen schon langc
gehegten Wnnsch znm Entschlnssc gezeitigt; anch die ösfentlichcn
Samnilnngcn wurden in dicser Weise beeinflnßt, nnd nuter
ibnen hat LaS Knpferstich- und ZcichnungSkabiiiet des Erzherzogs
Albrecht eine völligc Umgestaltung crfahren. Während srüher
einerseiis Zutritt nnd Bcnntzung dcr Saniinlung dem tlncin-
geweihten mannigfache Uinsländlichkcitcn bereitetcii, andercrscits
vielc der werthvollen Blätter durch haufiges Auflegen aus den
Mappeu leicht gefährdet wurden trotz der besten Sorgfalt der
 
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