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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (März - September)

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Nr. 33
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Glaser, Curt: Berliner Ausstellungen
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Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39787#0113

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Berliner Ausftellungen — Literatur

535

Bauwille am Werke gewefen, wäre nicht immer nur hier und dort herum«
geflickt worden, fo würde jeder Berliner aus eigenlter Anfchauung diefe
Bauten und diefe Skulpturen kennen, von denen in der Tat viele den meiften
Bewohnern der Stadt fremd geblieben find.
Auch die Akademie hat nach diefer Ausltellung eine Scharte auszu»
wetzen. Es fcheint, daß ein neuer Verfuch gründlicher Reform lieh vorbereitet.
Hoffentlich kommt er auch den nächßen Ausftellungen zugute, denn es ift fchwer
zu verantworten, daß diefe fchönften Räume, die Berlin befitzt, durch viele

Monate brach liegen müflen, während
Unterkunft ift, und die Nationalgalerie
Thoma«Ausftellung Platz zu fchaffen.

LITERATUR
Lionello Venturi, II Caravaggio.
»Biblioteca d'arte illustrata« Serie I, Fas-
cicolo IV. Roma 1921.
Es ift wohl nur durch kfafGziftifcfie und
fpätromantifche Vorurteile erklärlich, daß
die Führer und Begründer der Seicento»
Malerei keine ausreichende wiffenfthaftliche
Feftlegung bisher gefunden haben. Weder
über Annibale Carracci, noch über Michel»
angeo Merisi da Caravaggio ift man fo
unterrichtet, wie es ihre Bedeutung als
individuelle und einzigartige Künftler und
gleichzeitig als Häupter von Schulrichtun-
gen, die weit über Italien hinaus reichten,
verlangte. Die Wiener Schule Wickhoffs
und Riegls, die auf fo vielen Gebieten
mit eingewurzelten Vorurteilen aufräumte,
hat freilich auch hier eingegriffen. Aber
es ift bei z. T. weitreichenden Anfätzen
geblieben. Tietzes umfangreiche und mufter«
gültige Arbeit über die Galleria Farnefe
behandelt nur einen Teil, wenn auch einen
der wichtigften, aus dem großen Werk der
Carracci, und fein Verfprechen, über die
Jugendentwicklung mehr zu Tagen, ift leider
unerfüllt geblieben. Ebenfo ift auch Kallabs
auf Durchforlchung der Quellen und des
Materials aufgebaute Monographie Cara»
vaggios infolge des jähen Todes des Autors
nur ein Fragment.
Gerade Cara vaggios Werk verlangt
aber, infolge der zahlreichen fallchen Attri«
butionen, die auf Verwechslung mit Sa»
raceni, Gentileschi, Manfredi, Valentin
und anderen Künftlern diefer Richtung be»

die freie Sezeffton in Sorge um eine
ihr Hauptgefchoß ausräumte, um einer

ruhen, eine ganz befonders forgfältige auf
Kenntnis der Quellen, wie des Bildmaterials
beruhende Sichtung. Derjenige, der Geh
feit Jahren am meiden darum bemüht, ift
Lionello Venturi, der auch das vorliegende
kleine Büchlein über Caravaggio heraus»
gegeben hat1).
Diefes foll — dem Plan der ganzen
Sammlung nach — nicht wifTenlchaftlich ab»
fchließend fein, etwa im Sinne unferer »Klaf«
Gker der Kunft«. Aber auch für die immer«
hin 32 Abbildungen, die das Heftchen ent-
hält, mülTen wir dankbar fein. Jeder, der
Geh mit Caravaggio befchäftigt hat, weiß, wie
fchwer es ift, Photographien von manchen
feiner wichtigften, authentifchen Werke zu
bekommen. Die Gemälde feiner letzten
Jahre, die auf der Flucht von Rom in
Neapel, Malta, Sizilien entffanden, find nur
ganz unzureichend aufgenommen worden

1> Daneben wäre noch Polles kluger und
kenntnisreicher Artikel über C. im Künftler»
Lexikon zu erwähnen. Eine eigentlich größere
Monographie C.s erfchien noch nicht, denn
die Arbeit von Felix Witting über »M. da
Caravaggio« (Straßburg 1916) Iteht nicht auf
der Höhe. Eine kleinere Arbeit von G. Rou»
dies, Paris 1920 (wohl in der Art der Ar»
tistes celebres) kenne ich nur vom Hörenfagen.
(Derfelbe Autor hat auch ein Buch »La pein-
ture bolonaise« gefchrieben, das freilich auch
nicht von großer kritilcher Selbltändigkeit
zeugt.) Um die Säuberung des Werkes Ca»
ravaggios hat Geh befonders Roberto Longhi
in feinen Auffätzen über C.s Nachfolger Bor»
gianni, Gentileschi u. a. verdient gemacht
(Arte 1914/16.).
 
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