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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (März - September)

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Nr. 39
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Voss, Hermann: Die Ausstellung der italienischen Seicento- und Settecento-Malerei in Florenz
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Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39787#0215

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Die Ausitellung der itai. Seicento- u. Settecento-Malerei in Florenz — Literatur 635
gezogen worden find. Unter den ausländifchen Beiträgen Itehen jene von
deutfdier Seite, namentlidi die Bilder des Kaifer=Friedridi=Mufeums in
Berlin, an erfter Stelle,- doch auch aus englifchem Privatbefitz ilt manches
recht Bemerkenswerte zu fehen, während die Beteiligung Frankreichs fowohl
numerifch wie auch qualitativ — abgefehen von den drei Bildern des Louvre
— unwefentlich genannt werden muß.
Die Ausitellung, der die repräfentativen Räume des Palazzo Pitti trotz
ihrer nicht immer günltigen Lichtverhältnifle eine fehr adäquate Folie bieten,
ilt von der Stadt Florenz felber finanziert worden. Das Zentralkomitee be-
fteht aus den Herren LIgo Ojetti, Carlo Gamba, Giovanni Poggi, Nello
Tarchiani und Luigi Dami, deren vereinter Arbeitskraft ein fchöner, für die
Erforfchung der italienifchen Barockmalerei höchlt wichtiger Erfolg befchieden
gewefen ilt.

LITERATUR
Friedrich Knapp, Die künltlerifche
Kultur des Abendlandes. DasWer-
den des künfilerilchen Seheps und Ge-
Haltens feit dem Untergang der alten Welt.
Bd. I: Vom architektonifihen Raum zur
plafiifchen Form. XVI und 464 Seiten.
Mit 364 Abb. Bonn und Leipzig 1921.
Ein Kunfihifioriker kann fich kaum be-
deutendere Ziele Recken als der Verfader
des vorliegenden Bandes. Titel und Pro-
gramm laden das Höchlte erwarten. Aber
mehr! Der Verf. will nicht bloß widen-
fchaftliche Erkenntnis geben. Ihn packt
das »Graufen bei der ganzen materiali-
fiifihen Troftlofigkeit der Zeit, die ohne
Menichheitsideale ilt«. Darum möchte er
die Menfchheit »zur künfilerifehen Kultur
zurückführen«. »Nicht nur das moralifche,
fondern auch das künltlerifche Gewiden der
Welt anzurufen, hielt ich für meine ethifche
Aufgabe« <S. XII). Und deswegen, trotz-
dem er fich der Unvollkommenheit des
Werkes, »Die Verarbeitung des ungeheuren
Materials wie die Stilifierung betredend«,
wohl bewußt ifi, hat der Verf. das Werk
»dennoch der Ödentlichkeit« übergeben.
»Geben wir der Menfchheit unfer ganzes
innerfies Ich in der Tiefe deutfehen Ge-
mütes, fo wird die andere Welt, wenn fie
überhaupt noch eines edleren Menfchen-
tums fähig ifi, erkennen, wie herrlich groß,
fiill und lauter die deutfihe Seele ilt, und
daß es kein größeres Verbrechen an der
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Menfchheit wäre, als gerade fie zu morden«
<S. XIII). Nach diefem Bekenntnis einer
rührenden Weltfremdheit bleibt noch die
Hodnung, daß jener Padus von der Un-
vollkommenheit des Werkes, »die Ver-
arbeitung des ungeheuren Materiales wie
die Stilifierung betredend,« einer allzu
großen Befiheidenheit entfprang. Leider
ifi das nicht der Fall. Wenigftens foweit
diefer erfie Band in Frage kommt — es
follen noch zwei andere ebenlo umfang-
reiche Bände folgen — ifi das Werk tat-
fächlich unvollkommen.
Schon der leitende Gedanke {vom ar-
chitektonifdien Raum zur plafiifchen Form)
bleibt doch nur Titel des Bandes, ver-
mag fich in der Darfiellung nicht zur Gel-
tung zu bringen. Außerdem ifi er falfch.
Verfader fagt Seite 155 »Sicherlich ifi in
dem langfamen Wechfel des künfilerifchen
Geifies vom architektonifchen Geilt des
Mittelalters zum plafiifchen Sinn der Re-
naidance das Wefentliche für den in
feiner Weife höchfi interedanten Wand-
lungsprozeß zu fehen, Aber es ifi auch
der Kern des Gegenfatzes zwifchen Gotik
und Renaidance getröden.« Abgefehen
davon, daß diefe Gegenüberfiellung gar
keine für die Charakterifierung der in Frage
kommenden KunfientWicklung verwend-
baren Begride enthält, gerät der Verf. mit
den Tatfachen in Konflikt, fobald er z. B,
zeigen will, wie »das Problem der plafiifchen
Form« »die Führung« gewinnt. Es fällt
 
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