Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (März - September)

DOI Heft:
Nr. 42/43
DOI Artikel:
Friedländer, Max J.: Zu Max Liebermanns 75. Geburtstag
DOI Artikel:
Justi, Ludwig: Max Liebermann als Maler
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39787#0276

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
694

Zu Max Liebermanns 75. Geburtstag — Max Liebermann als Maler

denen er felbft im Kommen zu leiden hatte. Freilich die Duldfamkeit, die
dem amuftfchen Hiltoriker leicht fällt, wird dem fchöpferifdien Künltler zu
einer Quelle fchwerer Konflikte. Als geltaltender Meilter bei allem Wandel
der Sehweife in feinem Verhältnis zur Sichtbarkeit treu beharrend, erblickt
Liebermann dort Willkür und Anmaßung, wo feine Einficht das Lebensrecht
fremder Individualitäten anzuerkennen entfdhloflen ilt. Daß er nicht, diefem
unlösbaren Konflikt ausweichend, refigniert den Frieden der eigenen Werkltatt
auffucht, beweilt, wie jung und aktiv er geblieben ilt und wie ernlt er feine
Pflichten gegen die Gemeinfchaft nimmt.
Seiner Anlage und feinen Grundfätzen nach, als Kind feiner Zeit hat
Liebermann aus reiner Anfchauung produziert, fo daß Wiflen und Wollen
des beweglichen und kultivierten Geiltes, ausgefchaltet bei der Kunltübung,
nebenher Betätigung fuchten. Liebermann hat gefammelt, geurteilt, geredet,
gefchrieben, organifiert, ilt Präfident der Sezeffion und am Ende Präfident
der Akademie geworden.
Die Triebkräfte in feinem Innern haben ihn nie geltört. Als Künltler
hat er keinen anderen Zugang zur Natur gefucht als den des Auges und ilt
nicht geiltreich oder tendenzhaft geworden. Zutieflt find die beiden Kräfte
dennoch miteinander verbunden Der naiven und unmittelbaren Beobachtung
liegt geiltige Difziplin zugrunde, und das Urteil fchöpft aus der Erfahrung
der Blidcerlebniffe. Schauend und fchaffend in glücklicher Harmonie, außerhalb
der Werkltatt aber mit jeder Problematik vertraut, voll Luft zu Eingriff,
hat er nicht aufgehört, ein Kämpfer zu fein.
Das Recht zu meiltern hat diefer Meilter fleh mindeltens auf dem Grenze
gebiete zwifchen dem Äfthetifchen und dem Ethifchen erworben. Als letzte
Lehre verkündet feine fchließlich doch einheitliche Perfönlichkeit, daß man ein
Bürger und ein Künltler, daß man fogar ein Akademiepräfident und den-
noch ein Künltler fein kann.
*
MAX LIEBERMANN ALS MALER
VON LUDWIG JUSTI
DIE hochgelteigerte Malkultur des achtzehnten Jahrhunderts wurde durch
die Klaffizilten und Nazarener abgebrochen. Aufbau und Zeichnung
galten nun in einem neuen Sinn als Träger der Bildform, klare Malfenfügung
und reine Linie/ die Farbe, oft in feinem Gefchmadc geordnet, füllt die
fcharf umgrenzten Flächen, ihr Auftrag ilt ebenmäßig, die Pinfelführung fpricht
nicht als künftlerifcher Wert. Die hohe Meifierfchaft des Vortrags bei den
 
Annotationen