Ein unbekanntes Bildnis des Jacob van Utrecht — Literatur
553
Die von Schaefer vermutete Identität Jacobs van Utrecht mit dem
Meifter Jacob, Maler aus Lübeck in Dürers Tagebuch, läßt lieh nicht auf-
recht erhalten, wenn man nicht ein wiederholtes Hin» und Herreifen annehmen
will. Und felblt wenn der Maler zur Zeit der niederländifchen Reife Dürers
gerade aus Lübeck zurückgekommen wäre, wie follte dem Deutfchen die wahre
Herkunft des Niederländers verborgen geblieben fein, zumal diefer doch die
Angabe feiner Vaterftadt auch auf keinem Gemälde vergaß? Wahrfdieinlidher
ift es anzunehmen, daß Jacob van Utrecht in den Jahren 1520—24 in Lübeck
anfäffig war. Von den fechs bisher bekannten Bildniflen des Meifters find
drei mit 1523 bezw. 1524 datiert, dürften alfo als in Lübeck entftanden
gelten. Ob das Bildnis von 1532 noch in der Hanfeftadt gemalt wurde,
bleibt ungewiß. Auch über den Beginn der malerifchen Tätigkeit Jacobs in
Lübeck kann man nur mutmaßen, daß die gleiche Welle der niederländifchen
Kunft, die 1518 Jan Mostaerts Triptychon nach Lübeck trug, auch diefen
fchwächeren Meifter herwarf, denn der noch vor 1520 mit Macht einfetzende
Einfluß der niederländifchen Malerei in den Lübecker Malerwerkftätten erklärt
lieh leichter aus der perfönlichen Anwefenheit eines niederländifchen Künftlers
als aus dem Vorhandenfein eines im neuen Geift ausgeführten Kunftwerkes.
LITERATUR
Paul Fer d. Schmidt, Deutfche Land»
fdiaftsmalerei von 1750—1830. Mit
108 Abbildungen, Gr.=4°. R. Piper® Co.
Verlag, Mündien, 1922
Mit dem Buche von P. F, Schmidt wird
eine Lücke in der Gefchichtfchreibung deut-
fcher Kunft zwar nicht ganz ausgefüllt, aber
doch wefentlich verengert. Allerdings ift,
wie Verfaßer imerften Satz feines Vorworts
feftftellt, unfere Malerei diefes Zeitraums
unzulänglich bekannt. Dies aber ift um fo
bedauerlicher, als es lieh um nicht wenige
der reinften Werte unferer Kunft handelt.
Insbefondere ift die Frühromantik und das
von ihr beherrfchte oder auch nur berührte
Geißesleben Deutfchlands als das Quell»
gebiet der deutlchen Kunft des 19. Jahr»
hunderts zu werten. Was fpäter ausein»
andertrat, wohnte damals noch nahe bei»
einander: Naturalismus, Klaffizismus, Phan-
taftik, Altertümelei. Und für die Malerei
bedeutete die Landlchaft die große neue
Aufgabe, die bald die maßgebliche wurde.
In diefem Gebiete ift der Verfaffer fehr
wohl befchlagen. Er hat das Verdien!!, die
in Betracht kommenden Künftler zufammen-
geftellt und den Lefer auf die verfchiedenen
Quellen der neuen Landfehafterei hinge»
wiefen zu haben. Es ift ferner fehr richtig,
daß er neben den Gemälden die Zeich»
nungen und Drucke heranzieht. Selbftver»
ftändlich betont er den nationalen Charakter
diefer Künftler an manchen Stellen, ohne
ihn indelfen genauer zu bezeichnen. In der
Tat ift es fo, daß in diefer Zeit nach der
Wende des 18. Jahrhunderts fich deutlches
Wefen reiner, unbefangener und zugleich
in deutlicherer lokaler Färbung ausgedrückt
hat als feither. Gewilfe Einwände könnte
man gegen die Architektur des Buches er»
heben. Das Streben nach fyftematifcher
Gruppierung hat zu einer allzu weitgehen»
den Unterlcheidung des Geiftverwandten
geführt. Zwifchen »zeichnerilchem Realis-
mus«, »malerifchem Naturalismus« und
»nazarenilchem Objektivismus« derfefben
Zeit verlaufen keine deutlichen Grenzen.
Warum z. B. die unzertrennlichen Erhard
und Klein verfthiedenen Kapiteln zuge»
wiefen werden mülfen, wird nicht verftänd»
lieh. Auch möchte man die Bewertung der
Perfönlichkeiten bisweilen anders wünfehen,
die wenigen maßgeblichen mehr hervor»
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Die von Schaefer vermutete Identität Jacobs van Utrecht mit dem
Meifter Jacob, Maler aus Lübeck in Dürers Tagebuch, läßt lieh nicht auf-
recht erhalten, wenn man nicht ein wiederholtes Hin» und Herreifen annehmen
will. Und felblt wenn der Maler zur Zeit der niederländifchen Reife Dürers
gerade aus Lübeck zurückgekommen wäre, wie follte dem Deutfchen die wahre
Herkunft des Niederländers verborgen geblieben fein, zumal diefer doch die
Angabe feiner Vaterftadt auch auf keinem Gemälde vergaß? Wahrfdieinlidher
ift es anzunehmen, daß Jacob van Utrecht in den Jahren 1520—24 in Lübeck
anfäffig war. Von den fechs bisher bekannten Bildniflen des Meifters find
drei mit 1523 bezw. 1524 datiert, dürften alfo als in Lübeck entftanden
gelten. Ob das Bildnis von 1532 noch in der Hanfeftadt gemalt wurde,
bleibt ungewiß. Auch über den Beginn der malerifchen Tätigkeit Jacobs in
Lübeck kann man nur mutmaßen, daß die gleiche Welle der niederländifchen
Kunft, die 1518 Jan Mostaerts Triptychon nach Lübeck trug, auch diefen
fchwächeren Meifter herwarf, denn der noch vor 1520 mit Macht einfetzende
Einfluß der niederländifchen Malerei in den Lübecker Malerwerkftätten erklärt
lieh leichter aus der perfönlichen Anwefenheit eines niederländifchen Künftlers
als aus dem Vorhandenfein eines im neuen Geift ausgeführten Kunftwerkes.
LITERATUR
Paul Fer d. Schmidt, Deutfche Land»
fdiaftsmalerei von 1750—1830. Mit
108 Abbildungen, Gr.=4°. R. Piper® Co.
Verlag, Mündien, 1922
Mit dem Buche von P. F, Schmidt wird
eine Lücke in der Gefchichtfchreibung deut-
fcher Kunft zwar nicht ganz ausgefüllt, aber
doch wefentlich verengert. Allerdings ift,
wie Verfaßer imerften Satz feines Vorworts
feftftellt, unfere Malerei diefes Zeitraums
unzulänglich bekannt. Dies aber ift um fo
bedauerlicher, als es lieh um nicht wenige
der reinften Werte unferer Kunft handelt.
Insbefondere ift die Frühromantik und das
von ihr beherrfchte oder auch nur berührte
Geißesleben Deutfchlands als das Quell»
gebiet der deutlchen Kunft des 19. Jahr»
hunderts zu werten. Was fpäter ausein»
andertrat, wohnte damals noch nahe bei»
einander: Naturalismus, Klaffizismus, Phan-
taftik, Altertümelei. Und für die Malerei
bedeutete die Landlchaft die große neue
Aufgabe, die bald die maßgebliche wurde.
In diefem Gebiete ift der Verfaffer fehr
wohl befchlagen. Er hat das Verdien!!, die
in Betracht kommenden Künftler zufammen-
geftellt und den Lefer auf die verfchiedenen
Quellen der neuen Landfehafterei hinge»
wiefen zu haben. Es ift ferner fehr richtig,
daß er neben den Gemälden die Zeich»
nungen und Drucke heranzieht. Selbftver»
ftändlich betont er den nationalen Charakter
diefer Künftler an manchen Stellen, ohne
ihn indelfen genauer zu bezeichnen. In der
Tat ift es fo, daß in diefer Zeit nach der
Wende des 18. Jahrhunderts fich deutlches
Wefen reiner, unbefangener und zugleich
in deutlicherer lokaler Färbung ausgedrückt
hat als feither. Gewilfe Einwände könnte
man gegen die Architektur des Buches er»
heben. Das Streben nach fyftematifcher
Gruppierung hat zu einer allzu weitgehen»
den Unterlcheidung des Geiftverwandten
geführt. Zwifchen »zeichnerilchem Realis-
mus«, »malerifchem Naturalismus« und
»nazarenilchem Objektivismus« derfefben
Zeit verlaufen keine deutlichen Grenzen.
Warum z. B. die unzertrennlichen Erhard
und Klein verfthiedenen Kapiteln zuge»
wiefen werden mülfen, wird nicht verftänd»
lieh. Auch möchte man die Bewertung der
Perfönlichkeiten bisweilen anders wünfehen,
die wenigen maßgeblichen mehr hervor»