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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (März - September)

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Nr. 40
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Salmony, Alfred: Moderne Malerei in Paris
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Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39787#0240

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660

Moderne Malerei in Paris — Literatur

Abfeits von der ganzen Richtung fteht Vlaminck, deflen Bedeutung in
Frankreich nicht der deutfchen Schätzung entfpricht, ähnlich der allzu fpät ge»
würdigte Italiener Modigliani. Die Dadaiften haben ihre Miffion der Zer»
ftörung länglt erfüllt. Wir können alfo die Bewegung einheitlich fehen, wenn
fie auch äußerlich verfeindete Kräfte und geringe Richtungsunterfchiede ver»
einigt. In dem lebhaften Parifer Kunftleben herrfcht eben eine unerfreuliche
Hauspolitik. Aber niemand ftellt eine Sache aus, für die er nicht voll ein»
liehen zu können glaubt.
Das Bedürfnis, fich in der Vergangenheit verankert zu wißen, ift allge»
mein. Die Ausftellung Matisse bei Bernheim=Jeune war eine Mahnung, wie»
viel man doch dem Impreffionismus verdankt. Durand=Ruel ftärkte delfen
Schätzung durch den jetzt befonders bewunderten Pissarro. Weiter zurüdc
führen die Längsfchnitte der Kunft. Den originellften brachte der Salon Style
unter dem Titel »Der weibliche Akt«. Diefer Gegenftand hat eigentlich jeden
bedeutenden Maler der letzten Jahrzehnte befchäftigt. Aber die große Über»
ralchung und gleichzeitig der Höhepunkt der Ausftellung war Corot, allein
würdig neben Cezannes Frauenbad zu hängen. Daß der fpäte Renoir über-
fchätzt wird, fchien dort fehr klar. Diefe Erkenntnis fand fich auch in der
franzöfifchen Jahrhundert» Ausftellung beftätigt. Ihr Zweck war gewiß nicht,
die ungenaue Behauptung vom Klaffizismus der franzöfifthen Malerei zu be-
ftätigen, aber die Kraft der Tradition hätte fich noch zwingender veranfchau»
liehen lallen. Die Pole waren Ingres und der Zollwächter Rousseau, diefe
gewaltige Figur einer neuen Kunftgefinnung, deren Auswirkung in Frankreich
noch gering ift. Im übrigen wurde ein herrliches Material vertan, um nichts
anderes zu beweifen, als daß man die Ichönften Bilder tot hängen kann, daß
man den Modernften mit offenkundiger böfer Abficht gegeniiberftand, und daß
man auf den alten Gedanken hiftorifcher Reihung nur verzichten darf, wenn
man einen neuen hat.

LITERATUR
Der Weg zum Kubismus von Daniel
Henry, München. DeIphin=Verlag, o. J.
Drei Künßler haben die Methode des
Kubismus gefchaffen, die entfeheidende
Wendung aber hat ihm Picasso gegeben.
Wenn auch Braque felbfländig bis zur Re»
duzierung der Naturformen auf kubifche
Gebilde gelangte, fo iß doch allein Picasso
von dort zu der fog. »offenen« Form,
die von Anfchauung wie von der faßbaren
Erfahrung unabhängig iß, fortgefchritten,
zu idiweigen von Fernand Leger, der »den

Anregungen Picassos und Braques fol»
gend«, dennoch »forgfam fiets die gelchlof»
fene Form wahrt, nie zu ihrer Zerreißung
gelangt, Geh um die Eigenfarbe des dar»
geflehten Gegenfiandes kaum kümmert,
grundverßhieden von Braque und Picasso,
die auf die Wiedergabe diefer ,Lokal»
färbe' foviel Arbeit und Mühe verwand»
ten«, und der »dem Raum wenig Auf»
merkfamkeit ßhenkt, die Stellung der > e»
genfiände im Scheinraum des Gemäldes,
durch Überfchneidung, manchmal auch mit
den gewöhnlichen Mitteln der Linearper»
fpektive zeigt«. —
 
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