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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (März - September)

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Nr. 34
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Gerstenberg, Kurt: Ein unbekanntes Bildnis des Jacob van Utrecht
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https://doi.org/10.11588/diglit.39787#0131

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
BERLINER REDAKTION: CURT GLASER WIENER REDAKTION: HANS TIETZE
NR. 34 19. MAI 1922

EIN UNBEKANNTES BILDNIS
DES JACOB VAN UTRECHT
VON KURT GERSTENBERG
WAS von Jacob van Utrecht bisher bekannt ift, wurde von Karl Schaefer
und Ludwig Baldaß in der »Zeitfchrift für bildende Kunft 1920«, S. 74
und 241 mitgeteilt. Vermutlich identifch mit dem Jacob van Utrecht, der 1506
als Freimeifter in die Antwerpener Lukasgilde aufgenommen wurde, gerät
Jacob, der zweimal auf Bildniflen auch feinen Familiennamen Claesz angibt,
bei fchwacher Phantafiebegabung und Mangel an Kompofitionstalent unter den
Einfluß des jüngeren, aber ungleich kühneren und kraftvolleren Joos van Cleve,
der 1511 in Antwerpen Freimeifter wird. Sind die von Glück und Baldaß
ihm zugefchriebenen Dreikönigsaltäre in ihrem erquälten Reichtum wirklich von
feiner Hand, fo zeigt das ältefte datierte Werk, das Triptychon für den Lü-
becker Ratsherrn Hinrich Kerckring von 1520 in Riga eine merkwürdige Be-
ruhigung, ja Mattheit, die feine laue Seele enthüllt in einer Zeit, wo er nicht
mehr von dem Feuergeilt des Joos angeblafen wurde. Wie fo oft bei
eklektifchen Meiftern find die Bildniffe feiner Hand die fympathifcheren
Leitungen. Nicht durch fchlagend großartige Charakteriftik der Dargeftellten
ausgezeichnet wirken fie durch die fachliche Schlichtheit, die nichts befonderes
vorzuftellen vorgibt, und doch nicht ohne Würde ift. Die Vorzüge des
Jacob Claesz, feine koloriftifche und feine malerifche Begabung kommen bei
den Bildniffen unbeeinträchtigt zur Geltung. In [der Sammlung Dr. Groth
in Roftodc befindet fich ein unbekanntes Bildnis eines liibifdien Bifchofs, das
auf leben und Schaffen des Malers ein neues Licht wirft {Eichenholztafel,
63X381/2>.
Der tektonifche Sinn der beginnenden Renaiflance im Norden hat den
Aufbau bedingt. Auf der Brüftung lagern die Arme und auf fo doppeltem
Horizontalfodcel ragen bei Dreiviertelanficht Kopf und Körper in der MitteL
achfe der Bildfläche. Die Haltung ift mehr ftarr als ftolz, der Blich mehr
forgenvoll verfonnen als gebieterilch zielbewußt. Das eigentümlich Paffive
diefes Kirchenfürften ift aber wohl auf Koften des Malers und nicht des
Modells zu fetzen. In feiner wenig eindringlichen Pfydhologie bleiben die
Augen müde und fchwer. Aus dem Kopf ift nichts gemacht worden, und
doch muß die Phyfiognomie von der Gewalt der Hakennafe und der Energie
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