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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (März - September)

DOI issue:
Nr. 45
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Foerster, C. F.: Das farbige Potsdam
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https://doi.org/10.11588/diglit.39787#0319

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER:
CURT GLASER • G U S T A V K I R S T E I N • HANS TIETZE
VERANTWORTLICHE REDAKTION:
ALFRED KUHN
NR. 45 11. AUGUST 1922

Einfendungsftelle für alle Manufkripte, außer Österreich und München: Dr. Alfred Kuhn,
BerlinW62, Kurfürltenltraße 126 * Für Öfterreich: Wiener Redaktion, Prof. Dr.H. Tietze,
Wien XIX, Armbrultergaffe 20 • Für München: Münchener Redaktion, Dr. Hans Rupe,
München, Widenmayerstraße 39 III • Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hofpitalftraße 11a

DAS FARBIGE POTSDAM
VON C. F. FOERSTER
»lm allgemeinen kann man mit Recht audi von der
Architektur lagen . . ., Ge fei das Grab Chrilti in der
Hand der Ungläubigen.« Francesco Algarotti, 1758

VON dem bunten Anltrich, den das Potsdamer Rathaus und die beiden mit
ihm vereinigten Nachbarhäufer im vorigen Jahr bekommen haben, ilt hier
fchon einmal die Rede gewefen. Da diefer verfehlte Verbuch, die Farbigkeit
des alten Potsdams wiederzubeleben, Beifall und Nachahmung gefunden hat,
erlcheint es nützlich, auf diefes Thema etwas ausführlicher einzugehen.
Bei der Beurteilung der heutigen Erfcheinung des Potsdamer Rathaus-
blocks kommt es zunächlt nicht darauf an, zu unterfuchen, ob feine Farben
hübfeh oder häßlich find. Das ilt fdhließlich Gefchmackfache. Die entfeheidende
Frage ilt vielmehr diefe: entweder handelt es fich um einen Verbuch, den drei
Gebäuden ihre urfprüngliche Erfcheinung wiederzugeben/ dann ilt er verfehlt,
weil er hiltorifch falfch ilt. Oder aber man hat den Häufern ein farbiges
Gewand nach neueltem Gefcfamack geben wollen; dann ilt er doppelt verfehlt.
Nämlich erftens in der Ausführung und zweitens im Prinzip.
Die Ausführung erweilt fich als dilettantilch. Denn ihr Leiter, der erlt
einmal fo ziemlich jeder Sorte von Baugliedern eine andere Farbe geben, und
dann hier noch ein Türchen mit bunten Streifen bemalen und da noch das
Kreuzchen auf der Wappenkrone vergolden ließ und immer noch einen Fleck
für einen neuen Farbenfleck fand, befaß weder die Fähigkeit des Maßhaltens,
noch ein richtiges Urteil über das Wefen der Farbtöne und ihre Wirkungen.
Er hätte fonlt nicht dem Sockel des Rathaufes ein zurücktretendes und den
Säulen darauf ein vortretendes Grau gegeben, und deren Kapitelle und Bafen
nicht durch einen weißen Anfirich für das Auge vergrößert und vergröbert.
Und ebenfowenig hätte er fonlt das Kellergefchoß des Knobelsdorfffchen Eck-
haufes in der Farbe und durch die Farbe dem Erdboden gleichgemacht und
fo dem Gebäude feinen Sockel abgefchnitten. Doch damit genug, denn wichtiger
erfcheint der zweite Punkt: das Prinzip.
 
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