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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (März - September)

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Nr. 44
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Sammlungen / Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39787#0301

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Die neugeordnete badilche Kunfthalle zu Karlsruhe

719

SAMMLUNGEN
Die neugeordnete
Badifdie Kunfthalle zu Karlsruhe
Wer die Galerie noch vor 1919 ge»
fehen hat, fteht jetzt vor einem Novum.
Hier wird — wie im Germanifchen Mu»
feum — von innen heraus um» und durch»
geftaltet. Soweit die vorliegenden Ergeh»
nifle und die im Gange befindlichen Ar»
beiten erkennen laßen, entwickelt der neue
Leiter, W. F. Stör dt, die in feinen Pro»
grammen1) rückhaltlos anerkannten Ideen
Lichtwarks auf feine Art weiter. Er hat
fidi eine doppelte Aufgabe, die über die
Erhaltung und Vermehrung hinausgeht,
gefleckt: einmal die Beftände in einer durch
den Sammlungsinhalt geiftig beftimmten
Ordnung aufzuteilen, Wefentliches in der
Wirkung zu fteigern, dann aber mit der
Umftellung die Eigenart und Wirkungs-
fphäre des Mufeums — der charakterifierten
Landeskunfthalle — auch individuell feit»
zulegen. Es galt einen Typ zu ichaffen,
bei dem lokal bedingte Bewegungsfreiheit
frühere Erftarrung verdrängt, neben das
rein mufealeProgramm ein aktives zu fetzen
als produktiven Faktor des gefamten füd-
weftdeutichen Kulturlebens. Aus all dem
ergibt fich die Sammeltendenz: Ergänzung
des durch Domkapitular von Hirfcher be-
gründeten Hauptbeftandes an altdeutfcher,
befonders oberrheinifcher Kunft <vgl. Stutt»
gart und Berlin), unter nodi fchärferer Um»
grenzung der Meiftergruppen,- die Be»
deutung des Oberrheingebiets für die deut»
fihe Kunft nach 1400 ichließt provinzielle
Engigkeit dabei aus. Grundfätzlich foll
in den altdeutfchen Sälen hier ergänzend
eine organifche Verbindung der Malerei
mitPlaftik — man denke an dieUrfprungs»
Wirkung des mittelalterlichen Altarwerks —
angeftrebt werden, ohne daß aber dem
eigentlichen Skulpturenmufeum im dortigen
Schloß, das feinerfeits nicht auf die be-
gleitende Rolle der Tafel» und Glasmalerei

1) »Die Kunftmufeen und das deutfche
Volk«, Leipzig 1919,- »Die badifdie Kunfthalle
und ihre Aufgaben«, Führer zur Karlsr.
Herbftwoche 1921, fowie im »Feuer« 1921
u. a. O.,- dafelbft Einzelheiten aus der Ge»
fchidite der Sammlung und des Gebäudes.

verzichten kann, Abbruch getan wird1).
Storch beruft fich mit Recht auf beipflich»
tende Fachkollegen wie Swarzenski, Tietze,
Jantzen u. a. — im Gegenfatz zu ein»
feitigen Maleranfichten am Orte felbif. Die
Abteilungen der Franzofen und Nieder»
länder, deren reiche Beftände gewahrt biei»
ben, müffen als abgefihloßen gelten, eine
Auffüllung der italienifchen oder fpanifchen
Kollektionen, die fchwächften des Mufeums,
erledigt fich heute. Dafür wird das zweite
Hauptgewicht auf eine lückenlofe Überficht
über die Kunftentwiddung im pfälzifch-
alemannifchen Kulturkreis gelegt und damit
eine ichon vor 100 Jahren gehegte Abficht
neu aufgegriffen. Freilich hat man damals,
nach Woltmann, mit den fog. »Befoldungs-
bildern« manch unbedeutendes Stück ein»
gereiht, während doch »diefe Sammlung
nicht einen zu engen lokalen Horizont haben
darf, fondern der Kunft der Heimat in der
Weife dient, daß fie womöglich nur das
Beite zeigt und vor allem zur Anlchauung
bringt, wie badifdie Perfönlidhkeiten den
Strom der allgemeinen deutfchen Kunftent-
widdung beeinflußt und genährt haben.«
Damit in folio: ein Aufzeigen der Haupt»
ftadien unferer allgemeinen deutfchen Kunft»
entwiddung vom ausgehenden 18. Jahrh.
bis zur Gegenwart. Auch hier foll die
Plaftik mitdeutend neben der Malerei liehen,
um wieder zu einer anfihaulichen Synthefe
zu gelangen. Aber: es müffen ftatt der
Experimente Löfungen fein. Erweiternd
tritt in Zukunft neuzeitliches Kunftgewerbe
in den Rahmen der Galerie, um es fo in
lebendigen Zufammenhang mit dem Kunft»
verlauf zu bringen <das hiftoriiche Kunft»
gewerbe befindet fich ja im Schloßmufeum)/
über diefen Punkt wird fich aber erft fpäter
etwas fagen laßen, wenn die Proben aufs
Exempel beftanden find.
Die Neuerwerbungen der letzten drei
Jahre: zunächft ein halbes Dutzend nam»
hafter altdeutfiher Gemälde, fo eine »Kreu»
zigung«, um 1440, oberrheinifih = nürn»
bergifchen Mifdiftils<Abb. »Feuer«,2. Jahrg.
Sept. 1921, S, 665), die »Kreuzaufnagelung
Chrifti« vom Meifter des Hausbuchs <abgeb.
ebda. S. 663), das Gegenftück zu der be»
kannten »Verfpottung und Dornenkrö»
1) Vgl. Kunftchr., N. F. XXXIII, Heft 6,
1921, S. 93 - 99.
 
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