KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER:
CURT GLASER • GUSTAV KIRSTEIN • HANS TIETZE
VERANTWORTLICHE REDAKTION:
ALFRED KUHN
NR. 41 7. JULI 1922
Einfendungsltelle für alle Manufkripte, außer Österreich und München: Dr.Aifred Kuhn,
Berlin W62, Kurfüritenitraße 126 • Für Öiterreidt: Wiener Redaktion, Prof. Dr. H. Tietze,
Wien XIX, Armbruitergafle 20 • Für München: Münchener Redaktion, Dr. Hans Rupe,
München, Widenmayerstraße 39III • Verlag von E. A. Seemann,Leipzig,Hofpitalltraßella
CARL JUS.TIS BRIEFE AUS ITALIEN
VON WILHELM WAETZOLDT
WÄHREND die Literatur über J. Burddiardt fidi in den letzten Jahren
in einem Maße gemehrt hat, daß die Veröffentlichungen aus dem
Nachlaß <eben legt J. Oswald »Unbekannte Auffätze Burckhardts aus Paris,
Rom und Mailand« vor) und die Briefbände dem Umfange nach die Haupt-
werke erreichen, fehlt es noch falt ganz an Material zur Lebens^ undBildungs-
gefchichte Carl Juftis. Einzelne Beiträge gaben Clemen, Cohen, Marx, Weefe
und vor allem C. Neumann,- Heinrich Willers danken wir das forgfame »Ver-
zeichnis der bis zum 2. Augulf 1912 erfchienenen Schriften Juftis« <Bonn 1912).
Und nun erfcheinen <in Bonn bei Friedrich Cohen) Briefe, die Jufti in den
Jahren 1867 bis 1869 aus Italien an die Seinen nach Marburg geichrieben
hat. Der Bonner Phyfiker Kayfer gibt aus dem Befitz der Schweller Juftis
diefe überaus intereffanten Dokumente heraus, die einem größeren gebildeten
Publikum willkommen fein werden, wenn ihre Veröffentlichung auch kaum
im Sinne ihres Verfaffers fein dürfte.
Jufti ging als 35jähriger Marburger Extraordinarius der Philofophie nach
Italien, auf der Reife 1869 erhielt er die Ernennung zum Ordinarius, zwei
Jahre fpäter wurde er nach Kiel berufen. Der erfte Band des »Winckelmann«
war 1866 erlrhienen. Die Farben für das Hintergrundgemälde des zweiten
Bandes wollte Jufti in Italien finden. Italien gab ihm aber mehr als archi-
valifches, kultur= und kunftgefchichtliches Material, es ließ Jufti fich felber finden.
Der Verfaffer des Windcelmannbuches erlebte an fich ein Stüde des Schidcfales
feines Helden. In den zwei italienifchen Jahren wird aus Jufti, nicht ohne
leidvolle Krifen, eine große Figur der Kunftwiffenfchaft. Unfrei in mancher
Hinficht, bedrückt von ldeinftädtifchen und kleinakademifdhen Verhältniffen,
unter der ßändigen Laft, zu einer Lehrtätigkeit verpflichtet zu fein, »wo ich
das, was von mir verlangt wird, nicht erfüllen kann und will, und wo das,
was ich leiften kann und möchte, nicht verlangt wird«, kam Jufti nach Italien.
Innerlich frei geworden, über feine Straße klar, kehrte er zurück., Er war
im ftillen fchon von Theologie, Philofophie und Archäologie zur Kunftge-
Nr. 4L 7. VII. 22
HERAUSGEBER:
CURT GLASER • GUSTAV KIRSTEIN • HANS TIETZE
VERANTWORTLICHE REDAKTION:
ALFRED KUHN
NR. 41 7. JULI 1922
Einfendungsltelle für alle Manufkripte, außer Österreich und München: Dr.Aifred Kuhn,
Berlin W62, Kurfüritenitraße 126 • Für Öiterreidt: Wiener Redaktion, Prof. Dr. H. Tietze,
Wien XIX, Armbruitergafle 20 • Für München: Münchener Redaktion, Dr. Hans Rupe,
München, Widenmayerstraße 39III • Verlag von E. A. Seemann,Leipzig,Hofpitalltraßella
CARL JUS.TIS BRIEFE AUS ITALIEN
VON WILHELM WAETZOLDT
WÄHREND die Literatur über J. Burddiardt fidi in den letzten Jahren
in einem Maße gemehrt hat, daß die Veröffentlichungen aus dem
Nachlaß <eben legt J. Oswald »Unbekannte Auffätze Burckhardts aus Paris,
Rom und Mailand« vor) und die Briefbände dem Umfange nach die Haupt-
werke erreichen, fehlt es noch falt ganz an Material zur Lebens^ undBildungs-
gefchichte Carl Juftis. Einzelne Beiträge gaben Clemen, Cohen, Marx, Weefe
und vor allem C. Neumann,- Heinrich Willers danken wir das forgfame »Ver-
zeichnis der bis zum 2. Augulf 1912 erfchienenen Schriften Juftis« <Bonn 1912).
Und nun erfcheinen <in Bonn bei Friedrich Cohen) Briefe, die Jufti in den
Jahren 1867 bis 1869 aus Italien an die Seinen nach Marburg geichrieben
hat. Der Bonner Phyfiker Kayfer gibt aus dem Befitz der Schweller Juftis
diefe überaus intereffanten Dokumente heraus, die einem größeren gebildeten
Publikum willkommen fein werden, wenn ihre Veröffentlichung auch kaum
im Sinne ihres Verfaffers fein dürfte.
Jufti ging als 35jähriger Marburger Extraordinarius der Philofophie nach
Italien, auf der Reife 1869 erhielt er die Ernennung zum Ordinarius, zwei
Jahre fpäter wurde er nach Kiel berufen. Der erfte Band des »Winckelmann«
war 1866 erlrhienen. Die Farben für das Hintergrundgemälde des zweiten
Bandes wollte Jufti in Italien finden. Italien gab ihm aber mehr als archi-
valifches, kultur= und kunftgefchichtliches Material, es ließ Jufti fich felber finden.
Der Verfaffer des Windcelmannbuches erlebte an fich ein Stüde des Schidcfales
feines Helden. In den zwei italienifchen Jahren wird aus Jufti, nicht ohne
leidvolle Krifen, eine große Figur der Kunftwiffenfchaft. Unfrei in mancher
Hinficht, bedrückt von ldeinftädtifchen und kleinakademifdhen Verhältniffen,
unter der ßändigen Laft, zu einer Lehrtätigkeit verpflichtet zu fein, »wo ich
das, was von mir verlangt wird, nicht erfüllen kann und will, und wo das,
was ich leiften kann und möchte, nicht verlangt wird«, kam Jufti nach Italien.
Innerlich frei geworden, über feine Straße klar, kehrte er zurück., Er war
im ftillen fchon von Theologie, Philofophie und Archäologie zur Kunftge-
Nr. 4L 7. VII. 22