Ein neuer Ouwater?
821
Abb. 1. Dirk Bouts zugefchr.; Ausfchnitt
aus der Heimfuchung. Madrid, Prado
lehr plump, feine Augen find Itark geöffnet
und haben einen ifarren Ausdrude, während
bei der Londoner oder der Berliner Ma-
donna die Augen des Kindes blinzeln, der
Oberkopf an Maffe überwiegt, der Körper
zierlich geltaltet ilt. Bouts ift nun auch
durch Rogiers Linienform hindurchgegan»
gen. In der Anbetung des Prado wie bei
unferer Madonna bezeichnen wenige Falten
die Stelle, wo fich die fchweren, blockhaften
Körperteile des Kindes beiühren. Bruft und
Bauch bleiben fiark getrennt fühlbar. In
den fpäteren Madonnen von Dirk Bouts
fpielt eine falt graziöfe Beweglichkeit über
Mutter und Kind, vereinheitlicht fo die
Formen im einzelnen wie die Figuren, ver»
wandelt das träge Nebeneinander in ein
innigeres Beieinander. Diefe Stilmerkmale
der mutmaßlidien Frühwerke des Bouts,
die durch eine Gegenüberffellung der fpä»
Abb. 2. Dirk Bouts zugefchr. ,• Ausfäinitt aus
der Anbetung der Könige. Madrid, Prado
teren Werke klar hervorgehoben werden,
lind nun bei unferer Madonna und in den
Tafeln im Prado in geradezu identilcher
Form anzutreffen. Wie weit die Farbe dem
entfpricht, vermag ich nicht zu fagen.
Meine kurze Ausführung fuchte — fo»
weit dies ohne Autopfie möglich ilt — die
Identität des Meifiers der vier Tafeln im
Prado und des Meilters unferer Madonna
feltzultellen. Iff damit aber der zuerlt von
Dr. Borenius gefehene Zufammenhang mit
dem Berliner Lazarus geleugnet? Läßt fich
auch diefe Zufammenftellung in vollem Um»
fang aufrecht erhalten, dann bleiben zwei
Möglichkeiten: Entweder muß die auf van
Manders Bericht zurückgehende Be(tim-
mung des Lazarusbildes in Berlin auf
Ouwater fallen oder es muß gezeigt wer»
den, daß die Pradotafeln nicht von Dirk
Bouts herrühren. Otto Pacht
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Abb. 1. Dirk Bouts zugefchr.; Ausfchnitt
aus der Heimfuchung. Madrid, Prado
lehr plump, feine Augen find Itark geöffnet
und haben einen ifarren Ausdrude, während
bei der Londoner oder der Berliner Ma-
donna die Augen des Kindes blinzeln, der
Oberkopf an Maffe überwiegt, der Körper
zierlich geltaltet ilt. Bouts ift nun auch
durch Rogiers Linienform hindurchgegan»
gen. In der Anbetung des Prado wie bei
unferer Madonna bezeichnen wenige Falten
die Stelle, wo fich die fchweren, blockhaften
Körperteile des Kindes beiühren. Bruft und
Bauch bleiben fiark getrennt fühlbar. In
den fpäteren Madonnen von Dirk Bouts
fpielt eine falt graziöfe Beweglichkeit über
Mutter und Kind, vereinheitlicht fo die
Formen im einzelnen wie die Figuren, ver»
wandelt das träge Nebeneinander in ein
innigeres Beieinander. Diefe Stilmerkmale
der mutmaßlidien Frühwerke des Bouts,
die durch eine Gegenüberffellung der fpä»
Abb. 2. Dirk Bouts zugefchr. ,• Ausfäinitt aus
der Anbetung der Könige. Madrid, Prado
teren Werke klar hervorgehoben werden,
lind nun bei unferer Madonna und in den
Tafeln im Prado in geradezu identilcher
Form anzutreffen. Wie weit die Farbe dem
entfpricht, vermag ich nicht zu fagen.
Meine kurze Ausführung fuchte — fo»
weit dies ohne Autopfie möglich ilt — die
Identität des Meifiers der vier Tafeln im
Prado und des Meilters unferer Madonna
feltzultellen. Iff damit aber der zuerlt von
Dr. Borenius gefehene Zufammenhang mit
dem Berliner Lazarus geleugnet? Läßt fich
auch diefe Zufammenftellung in vollem Um»
fang aufrecht erhalten, dann bleiben zwei
Möglichkeiten: Entweder muß die auf van
Manders Bericht zurückgehende Be(tim-
mung des Lazarusbildes in Berlin auf
Ouwater fallen oder es muß gezeigt wer»
den, daß die Pradotafeln nicht von Dirk
Bouts herrühren. Otto Pacht