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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (März - September)

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Nr. 49/50
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Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
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Forfchungen

839


Relief von der Peftfäule in Perditoldsdorf

Stadtbild, von Nordwelten aus gefehen,
mit dem Wahrzeichen des Stephansturmes
in der Mitte,- vorne ein Karren, der Leichen
führt — Beine und Arme fchauen unter
dem Decktudi heraus. In den Wolken eine
Szene, die das jünglte Gefchehnis an fe(t-
gelegte Typen bedeutungsvoll anknüpft:
Gottvater, der befiehlt, ein Engel, der dem
Befehl gehorcht und das Schwert in die
Scheide Iteckt. David hatte fich durch die
Volkszählung verkündigt,- dreierlei Sühne
wird ihm freigeftellt; drei Jahre Hungers»
not, drei Monate Flucht vor dem Feind,
drei Tage Peft. Er wählte die Peft. »Es
war aber gerade die Zeit der Weizenernte,
als die Seuche begann, und es ftarben aus
dem Volke von Dan bis Beerfeba 70000
Mann. Als aber der Engel feine Hand
gegen Jerufalem ausfireckte, um es zugrunde
zu richten, da reute Jahwe das Unheil und
er gebot dem Engel, . . .: Genug! ziehe
nun deine Hand ab!« <2, Buch Samuelis 24,
10 — 16). Nach der biblifchen Anknüpfung
in den Wolken, die klaffifche im Vorder»
grund des Reliefs. Die tote Mutter, das
Kind, das fich zur Brüft drängt, der Mann,
der es abwehrt. Die Kompolition Pouffins

ift fortentwickelt. Die Mutter und das Kind
mit deutlichen Anklängen, der Jüngling aber
im Gegenfinn, von rechts her fchließt er
die Gruppe.
Wie lebendig die klaflilche Erinnerung
war, wie fie ftärker als das gegenwärtige
Gefchehen, ihm fofort ihren Stempel auf»
drücken konnte, bezeugen Abraham a
Sancta Claras Worte in feiner Peffpredigt
»Merks Wien!«: »Es ilt gefchehen, daß
man das kleine Kind hat angetroffen an
den Brülten der toten Mutier hangen, all»
wo das unfchuldige Engerl nicht gewußt,
daß es auf folche Weis, durch folchen
Trunk dem Tod Befcheid tue.« (Edid.
Hans Strigl, 2. Bd. Wien 1904, S. 169.)
E. Tietze=Cotirat .
*
Norwegifche Malerei im
18. Jahrhundert
Das 18. Jahrhundert bedeutet für Nor»
wegen die Vorbereitungszeit des nationalen
Durchbruchs. Etwa feit 1400 hatte es im
Schlepp des politifch, wirtlchaftlich und kul»
turell überlegenen Dänemarks gelegen,- es
war paffiv und empfangend geblieben. Aber
nun lieht man, wie der Blutumlauf des
Volkskörpers fich belchleunigt, wie feine
Kräfte zu fchwellen und zu drängen be»
ginnen. Wirtfchaftliche Leifiungsfähigkeit
und Wohlltand heben fich. Das nie ganz
verfiegfe norwegifche Nationalgefühl wird
bewußter, verdichteter. Die Aufklärung
wird zum fiärklten geifiigen Erlebnilfe der
Nation feit der Reformation,- unter ihrem
weit und tief wirkenden Einflüße erwacht
fie zu kultureller Aktivität. Wohl fehlt es
dem Lande an einem Mittelpunkte, wo
feine geiltigen Kräfte fich hätten fammeln,
einander befruchten und organifieren kön»
neri <die LIniverfität Chriltiania gewann
Norwegen erft im Jahre 1811 dänilchen
Widerftänden ab), aber die Intereffen wach»
fen, die Fühlung mit der allgemein=euro»
päifchen Kulturbewegung wädift, und um
anregende Perfönlidikeiten, wie den 1758
zum Bifchof von Drontheim ernannten
J. E. Gunnerus, bilden fich geiltig belebte
Kreife. Norwegen wird produktiv. Der
dänifchen Literatur fchenkt es in Holberg
die Vordergrundsgeftalt diefer Periode: wer
mit der Bevölkerung feiner Vaterftadt
 
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