Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,2.1907

DOI Heft:
Heft 13 (1. Aprilheft 1907)
DOI Artikel:
Kasernen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8626#0031

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
die Kaserne, in der sie wohnen, so stumpssinnig öde aussehn, so
ganz nnd gar unbehaglich, unerquicklich, so langweilig bis zum
äußersten? Warum muß sie aussehen, als sollte sie strafen?

Man verstehe mich recht: ich will keine gepolsterten Lehnsessel
in den Mannschastsstuben, ich will zunächst auch keine Künstlerstein--
zeichnungen oder Vorzugsdrucke an die Wände. Mir scheint: die
Aufgabe, die hier zu lösen ist, steht vor allem der Baukunst zu.

Bun heißt es: bei so großen Massen und bei der Gleichförmig--
keit der Bedürfnisse geht irgendwelche individuellere Behandlung schwer
an. Kasernen sind keine Familienwohnhäuser, wo man aus den ein--
zelnen als Linzelwesen Rücksicht nehmen kann — das widerspräche
dem militärischen Geiste. Da sei erlaubt, an eine Gebäudegattung zu
erinnern, die gleichfalls zum gemeinsamen Wohnen und Leben einer
uniformen, ftrengen Regeln unterworfenen Schar von Menschen diente:
an die Klöfter. Bei ihnen liegt es uns fehr ferne, an Langeweile
erinnert zu werden, im Gegenteil, sie entbehren für unser Gefühl
nicht eines besonderen Reizes. Auch hier tritt das Linzelwefen ganz
und gar nicht hervor, auch hier herrscht strengste Gleichförmigkeit,
und trotzdem ist in tausend Fällen ein künstlerisch hochstehendes und
reizvolles Ganzes erreicht worden.

Ich will natürlich keine romantischen Kreuzgänge als Soldaten-
Korridore, will kein hochgewölbtes Refektorium als Speisesaal, ich
will nur ein Beispiel dasür geben, daß ein ständiges Massenquartier
nicht eine architektonische Aufgabe ist, die nur schlecht gelöst
werden kann.

Eine größere Kasernenanlage ist eine Vielheit von Einzelanlagen,
deren Zusammenlegung oder Trennung zunächst Aufgabe des Bau--
meisters ist. Da sind einmal die eigentlichen Mannschaftsräume, die
den meisten Platz beanspruchen. Dann kommen Verwaltungsräume,
die Regiments-, die Bataillonsschreiberei. Dann etwa einzelne Ge-
bäude, welche die Büchsenmacherei, die gemeinsamen Eßräume für die
Unteroffiziere u. a. m. enthalten. Etwa auch Offizierskasino und Ein-
zelwohnungen für Unteroffiziere. Den Beschluß machen für die In-
fanterie Exerzierhallen, für Kavallerie Ställe und Reitbahn, für den
Train außerdem Wagenschuppen usw. In jedem einzelnen Falle wird
ja verschieden verfahren werden. Die summarische Äbersicht ergibt,
daß die nötigen Gebäude vielfach verschiedenen Zwecken dienen. Diese
Verschiedenheit müßte sich schon in der äußeren Erscheinung aus-
sprechen. Nicht nur so, daß in Stallgebäuden und Remisen die Fenster
anders und kleiner sind als in den für Menschen bestimmten Räumen,
sondern weiter. Wie, muß im einzelnen von den Verhältnissen und
vom Architekten abhängen. Wieder könnte an das Kloster erinnert
werden, wo auch die vielen Nebengebäude, vom Torhaus angefangen
über die Brauerei, Bäckerei, Wagnerei, Schmiede, über sonstige Oko«
nomiegebäude, wie Melkerjtall, Mühle, Haferstall, Marstall, Gesinde-
haus, Küferei, Kelter, Vorratskeller, Gafthaus für Armere, für Reichere
bis zu den Gebäuden der eigentlichen Klausur ihr charakteristisches
Gepräge erhalten haben, sodaß man nicht den Eindruck von Mono-
tonie, sondern den eines wohlgeordneten ^Kosmos" erhält. Kasernen
machen dagegen oft den Eindruck des Zusammengewürfelten, Zu- !

ts Kunstwart XX, t3 !
 
Annotationen