eigenen Forsten unbarmherzig nie-
der, wo es Geld oder Platz brauche,
unbarmherziger noch als der Racker
Staat. Richard Nordhausen spricht
in den M. N. N. von 500 Hektar
allein für das Iahr l906. Die
Berliner aber sind die Ersten und
Lautesten im Lärm um den „ge-
mordeten" Grunewald. Zu lärmen
haben sie sicher Grund genug, aber
zuerst dann doch gegen das hohe
Hirn ihrer Herren Gemeinväter,
die den Balken im eigenen Auge
recht stattlich zur Schau tragen.
Nun läge doch sehr nahe, daß
die Stadt Berlin praktischen Hei-
matschutz triebe und den Grunewald
ankaufte, wenn nicht den ganzen,
dann den halben. Er wird aus
etwa eine Milliarde bewertet, —
eine halbe Milliarde in Grund
und Boden mit grünem Holze an-
zulegen, mag ja selbst für eine
Zwei-Millionenstadt viel sein. Im-
merhin hat z. B. Wien in letzter
Zeit fünfzig Millionen Mark a'n-
gewendet, um sich einen Wald-
gürtel rings um die Stadt zu
sichern. Und früher hätte man's in
Berlin billiger haben können. Aber
vielleicht würde sich auch jetzt noch
der Ankauf lohnen, wenn man nicht
alles Gelände als Waldpark er-
halten wollte. Statt daß der Forst-
fiskus je nach Gelegenheit und je
nach seiner Geldnot ein Stückchen
Grunewald nach dem andern dem
Bodenwucher überantwortet, könnte
die Stadt Berlin als Eigentümerin
selber bestimmen, wo gebaut werden
soll — und nach welchem Plane.
Sie könnte die landschaftlich schön-
sten Stellen des Waldes von vorn-
herein als Reservate behandeln,
könnte den sonstigen Boden an Be-
bauer mit gemeinnützigen Zwecken
verkaufen oder in Erbpacht ver-
geben, könnte endlich eine kom-
munale Boden- und Baupolitik
großen Stiles entfalten, an der es
die Stadt bisher noch recht sehr hat
fehlen lassen. Aber freilich — die
lieben Nachbarn würden dann auch
einige Vorteile genießen, die Schö-
neberger, Steglitzer, Zehlendorfer
würden im Berliner Grunewald
ebenso herumspazieren wollen wie
im jetzigen des Staats. Dieser Alp,
der schon bei der nun glücklich voll-
zogenen Erwerbung des botanischen
Gartens durch die Stadt die freie
Entschließung hemmte, bedrückt auch
heute wieder die Stimmung für die
Idee eines städtischen Grunewaldes.
Es soll also erst ein Zweckverband
für die Sicherung des Waldes aus
Einwohnern Berlins und der an-
grenzenden Grunewaldgemeinden
zusammentreten und vorarbeiten.
Hoffentlich wird damit der günstige
Augenblick nicht versäumt. Denn
daß der Forstfiskus sich nur vor-
übergehend zurückhalten wird, scheint
ziemlich sicher.
s^1 Auch etwas von der Würde
Neulich wurde mir die deutsche
und die englische Teilnehmerliste
des „Deutsch-englischen Verständi-
gungskomitees" zugeschickt. Die eng-
lische zeigt nichts Auffallendes in
ihrer Anordnung: erst der Vorstand,
dann die Mitglieder, und die im
sozialen Leben hochgestellten Leute
eben dort, wo sie als Mitglieder
hingehören. In der deutschen da-
gegen zunächst eine Seite von durch-
und erlauchten Herrschaften unter
sich, bevor das ABL der gewöhn-
lichen Menschen beginnt.
Vielleicht ärgert einen die Klei-
nigkeit nur, weil man weiß, daß
die Liste vielen gebildeten Eng-
ländern vorgelegt wird und gerade
solchen, die gegen uns freundlich
empfinden. Man sieht im Geist
ihr Lächeln und kann nicht sagen:
ihr habt uns auszulächeln hier kein
Recht. Aber es scheint, als kämen
wir nun einmal nicht los davon,
23^
Kunstwart XX,
der, wo es Geld oder Platz brauche,
unbarmherziger noch als der Racker
Staat. Richard Nordhausen spricht
in den M. N. N. von 500 Hektar
allein für das Iahr l906. Die
Berliner aber sind die Ersten und
Lautesten im Lärm um den „ge-
mordeten" Grunewald. Zu lärmen
haben sie sicher Grund genug, aber
zuerst dann doch gegen das hohe
Hirn ihrer Herren Gemeinväter,
die den Balken im eigenen Auge
recht stattlich zur Schau tragen.
Nun läge doch sehr nahe, daß
die Stadt Berlin praktischen Hei-
matschutz triebe und den Grunewald
ankaufte, wenn nicht den ganzen,
dann den halben. Er wird aus
etwa eine Milliarde bewertet, —
eine halbe Milliarde in Grund
und Boden mit grünem Holze an-
zulegen, mag ja selbst für eine
Zwei-Millionenstadt viel sein. Im-
merhin hat z. B. Wien in letzter
Zeit fünfzig Millionen Mark a'n-
gewendet, um sich einen Wald-
gürtel rings um die Stadt zu
sichern. Und früher hätte man's in
Berlin billiger haben können. Aber
vielleicht würde sich auch jetzt noch
der Ankauf lohnen, wenn man nicht
alles Gelände als Waldpark er-
halten wollte. Statt daß der Forst-
fiskus je nach Gelegenheit und je
nach seiner Geldnot ein Stückchen
Grunewald nach dem andern dem
Bodenwucher überantwortet, könnte
die Stadt Berlin als Eigentümerin
selber bestimmen, wo gebaut werden
soll — und nach welchem Plane.
Sie könnte die landschaftlich schön-
sten Stellen des Waldes von vorn-
herein als Reservate behandeln,
könnte den sonstigen Boden an Be-
bauer mit gemeinnützigen Zwecken
verkaufen oder in Erbpacht ver-
geben, könnte endlich eine kom-
munale Boden- und Baupolitik
großen Stiles entfalten, an der es
die Stadt bisher noch recht sehr hat
fehlen lassen. Aber freilich — die
lieben Nachbarn würden dann auch
einige Vorteile genießen, die Schö-
neberger, Steglitzer, Zehlendorfer
würden im Berliner Grunewald
ebenso herumspazieren wollen wie
im jetzigen des Staats. Dieser Alp,
der schon bei der nun glücklich voll-
zogenen Erwerbung des botanischen
Gartens durch die Stadt die freie
Entschließung hemmte, bedrückt auch
heute wieder die Stimmung für die
Idee eines städtischen Grunewaldes.
Es soll also erst ein Zweckverband
für die Sicherung des Waldes aus
Einwohnern Berlins und der an-
grenzenden Grunewaldgemeinden
zusammentreten und vorarbeiten.
Hoffentlich wird damit der günstige
Augenblick nicht versäumt. Denn
daß der Forstfiskus sich nur vor-
übergehend zurückhalten wird, scheint
ziemlich sicher.
s^1 Auch etwas von der Würde
Neulich wurde mir die deutsche
und die englische Teilnehmerliste
des „Deutsch-englischen Verständi-
gungskomitees" zugeschickt. Die eng-
lische zeigt nichts Auffallendes in
ihrer Anordnung: erst der Vorstand,
dann die Mitglieder, und die im
sozialen Leben hochgestellten Leute
eben dort, wo sie als Mitglieder
hingehören. In der deutschen da-
gegen zunächst eine Seite von durch-
und erlauchten Herrschaften unter
sich, bevor das ABL der gewöhn-
lichen Menschen beginnt.
Vielleicht ärgert einen die Klei-
nigkeit nur, weil man weiß, daß
die Liste vielen gebildeten Eng-
ländern vorgelegt wird und gerade
solchen, die gegen uns freundlich
empfinden. Man sieht im Geist
ihr Lächeln und kann nicht sagen:
ihr habt uns auszulächeln hier kein
Recht. Aber es scheint, als kämen
wir nun einmal nicht los davon,
23^
Kunstwart XX,