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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,2.1929

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Heft 7 (Aprilheft 1929)
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August Macke

Z.Januar 1887 bls 26. September igi-4
n der Spitze seiner Kompagnie ist
er nach siegreichem Sturm gefallen
— einer der Hosfnungsvollsten unserer
damallgen Knnstlerjugend. Sein Freund
Marc, ein Ähnlicher mit gleichem Schick-
sah schriebmit vollem Rechtbei dessenTod:
„WirMaler toissen gut, daß mit dem
Ausscheiden seiner Harmonien dieFarbe
in der deutschen Kunst um mehrere Ton-
folgen verblassen rnuß und einen stumpfe-
ren, trockeneren Klang bekommen tvird.
Er hat von unö allen der Farbe den
hellsten und reinsten Klang gegeben, so
klar und hell tvie sein ganzes Wesen
tvar. Getviß ahnt das Dentschland von
heute (igi4) nicht, tvas alles es diesem
jungen, toten Maler schon verdankt, tvie-
viel er getvirkt und wieviel ihm ge-
glückt ist."

Jn der Tat: Angust Macke verdient
mehr als mancher Überlebende jener Zeit,
dem Vergessen entrissen zu tverden. Jst
seine Kunst auch nicht zur letzten persön-
lichen Auötoirkung gekommen, so hat sie
doch ettvas stark Persönliches — und
das ist eine reine, beglückende Iugend-
lichkeit, die tvie ein Sinnbild der Jugend
überhaupt tvirkt. Jch tvüßte nichts Ähn-
liches in der Knnst der letzten fünfzig
Iahre, man muß sogar bis fast zu dem
Heidelberger Fohr zurückgreifen. Jch
meine nicht die Jngend der Jünglinge,
svndern der jnngen Männer, die üher
die Unsicherheit und Unklarheit der Her-
antvachsenden hinaus sind und auS dem
Gefühl der eigenen Kraft die Verpflich-
tung zu persönlicher Leistung erkennen,
die den Mut und Willen zur Selbstän-
digkeit haben und an ihr Werk mit
jugendlicher Gläubigkeit, Hosfmmg und
Liebe gehen, also tvesentlich idealisch,
ja enthusiastifch sind. Sie, deren Wis-
senödurst rein ist und noch nichts von
der Neugierde der Alten hat, die manch-
mal schamloö ist. Jhr Rhythmus wohl
noch unausgeglichen, aber spannig und
klangvoll, ihr Tun heiter und traumhaft
wie wagcmutig zugleich.

Don solchcr Art ist die Kunst August
Mackes, und ihr Besvnderes: sonnig
warmc, frohe Fülligkeit von zähmendem
Geschmack, im Gefühl und in der Geistig-

keit rein, von einer beschwingten Musi-
kalität auch dort, wo es bloß zu Klän-
gen, noch nicht zu Melodien gekommen.
Die Kunst August Mackes sagt uns,
daß in der sfngend als Jugend etwas
Besonderes liegt, das nicht der gereifte
Mann, noch weniger der heruhigte Greis
zu geben vermag. Und solche sfugend
führt uns immer wieder in die Jugend
der Menschheit überhaupt und in ihre
Dergangenheit zurück. Man nennt sie
in der Kunst das Archaische, dessen Wert
und Reiz wir uns willig in den Werken
frühercr Stile überlassen. Wir wissen
anch, daß hier vft die stärksten Be-
gabungen, die eigentlichen Bahnbrecher
am Werke gewesen. Jn der Malerei des
ig. Jahrhunderts war es so von den
Nazarenern bis zu den Jüngsten. Aber
auch früher gar manchesmal; so im
jungen Giotto, der die mittelalterliche
Malkunst ganz neue Bahnen geführt,
so im Maler Masaccio, im Bildhaner
Donatello, im Baumeister Brunelleschi,
die die Frührenaissance heraufgeführt.
Gewiß ist auch die sfugend wichtig, die
Dorhandenes weiterentwickelt, die in or-
ganischer Fügung von Geschlecht zu Ge-
fchlecht daS Erworbene weitergibt, bis es
sich ausgelebt. Aber die schöpferifche Ju-
gend, die erst Pfade sucht, ist unö doch
besonders wertvoll. Solcher sfugend ge-
hörte August Macke an. Ein geborener
Westfale, ist er bald ganz zum Rhein-
länder geworden: dessen Beweglichkeit,
Empfindsamkeit wie Anpassungsfähigkeit,
dessen heitere Natur daö Leben in Schön-
heit formt, hat Macke in besonderem
Maße besessen. Daö gibt seinem Werk
die Dielseitigkeit einer bewegten Zeit.
Anfänge und Entwicklung spiegeln die
Gärung und Eroberungen seit igog/io,
da in Deutschland eine neue Malerei er-
stand, vielfach beeinflußt vom Westen,
aber auch aus eigenem Drang und be-
sonderer Art. Der Jmpressionismus
follte durch den Expresfionismus über-
wunden werden, an die Stelle jener
wesentlich vptischen Einstellung trat das
Bedürfnis, die inneren Gesichte und Er-
lebnisse zu gestalten. Aber nicht nur
das; man erstrebte eine neue, gefestigte
Bildform, in welcher Farbe, Linie, Kör-
per, Raum wieder deutlichere Erschei-

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