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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,2.1929

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Heft 10 (Juliheft 1929)
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Lose Blätter
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Tribünne
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https://doi.org/10.11588/diglit.8886#0287

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sie herum und bellen und balgen. Sie fütkcrL sie, und dazwifchen müssen
sie ihre Kunftftücke machen, Pfeifcnrauchen, und sich auf die Schultern des
anderen ftellen und so weiter. Der Vater liegt im Bett und fchimpfk, daß
er keine Ruhe hat. Die Mutter fchreik etwas auf ungarifch, da dreht er
sich im Bett um, daß alles krachk. „Was ift's? Was gibt's? So spät seid
ihr noch auf?" „Neuigkeiten," sagt meine Mutter. „Was denn um Gottes
Willen?" „Nch der Diabelli!" „Was hat's denn mit dem?"

„Ich bin ihm begegnct, dem Teufel, er hat mich sehr fein gegrüßt, gefragt,
ob er mich begleiten darf. Warum nicht: die Skraße gehört allen, sag' ich.
Wic es dir geht? Was du machft? Ob du noch bös auf ihn bift? 2lch, was
Sie sich nicht alles einbilden, die Geli hat an was anderes zu denken. Da
fchmunzelt er und schaut mich an, so wie er fchaut, der Zauberer, der Ber-
fluchte. Dann erzählt er, seine Frau ift geftorben. Er ift jetzt ganz frei: Er
denkt immer an dich, du brauchteft ihm nur zunicken, memt er. Meine Geli
braucht keinem Mann zuzunicken, sag' ich. Er zuckt die Achseln. Dann
erzählt er, daß er einen guten Auftrag für Rußland hat. Zu den Räubern?
frag' ich und lach'. 2llle Räuber haben Geld, sagt er. Wo Näubcr sind,
ift gut sein. Da hat er nicht unrecht. Er könnte wieder cine Gehilfin brau-
chen, eine Frau. Und nach meinen Hunden hat er sich erkundigt, er könne
mir beim Dressieren helfen, ich soll sie ihm nur bringen, aber natürlich meint
er dich allein. Du bift doch einmal in ihn verfchossen, ich weiß es. Kommst
du denn los von ihm? Haft du nicht sein Bild in deiner Lade? Glaubft du,
ich weiß es nicht? Ift auch nicht fchlechter, als der andere. Mellcichk isl er
besser. Warum soll ich dir im Wege ftehen? Mik ihm kämft du doch in die
Welt. Er heiratet dich gleich. Er hak eine neue Toilette für bich, läßt er dir
sagen, und einen Blaufuchspelz. Du kannft dir die Sache noch immer
überlegen. Wenn du ihn willft, wenn er dir gefällk, nimm ihn dir." Ich habe
nichts gesagk. Ich war zu müde. Ich bin fchlafcn gegangen. Bei Nckcht
habcn die Hunde zu balgen angefangen, die verfluchten. Sie waren vom Üben
her und vom Fressen und von den Schlägen ganz rcbcllifch. Ich bin da-
zwifchen gefahren, einer hat mich in die Hand gebissen vor Zorn. Sehen
Sie diese Wunde hier! Es ift fchwer auf der Welk. Keine Ruhel'Bin doch
neugierig, was aus allem wird. Gewiß wieder nichts Gefcheites. So oder
so! Die Sache wird sich nicht halten. Was weiß i'ch —.

Tribüne

Neue Lyrik

Bon HansBöhm

I Vinigeii wir nns zuvörderft über einiges Selbftverftändliche. i. Stärker als der
^ ^Epiker und Dramatiker fcheint der lyrische Dichter nn't seinem Ich zu zahlen,
und nicht nur der Dilettant erliegt der Gefahr der fchönen Gefühle. Mit Befriedigung
ersehe ich auS Versbüchern und ihren Besprechungen, wieviel wahrhaft gute Men-
fchen unter uns wandeln, aber ich selbft halte mich, ftakt an die Seele, zunächft an
den Leib, den Sprachleib: nur diejenige „Seele", deren Erfchütterung neue Gebärde
und Bewegung, neuen Leib gefchaffen hat, geht die Kunftbetrachtung an. Darum sind
Halb- und Untalente in dem folgenden Bericht mit Schweigen übergangen.

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