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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,2.1929

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Heft 11 (Augustheft 1929)
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Tribünne
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Umschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8886#0390

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Kirche, dicse natürlichen Ordnungen den Menschen wieder in ihrer einfachen, gnä-
öigen Gegebenheit deutlich zu machen; den Rus an Alle, sich selbst als standge-
bunden und schöpfungSgebunden zu erkennen — und damlt als angenommcn, ge-
sichert und auf EtvigeS gestellt; wohingegen jeder Versuch, die Ordnungen der
Welt vom sreien Jch her (und zrvar vom sreien sgch A l l e r) zu begreisen, not-
wendig zu ihrer Zerstörung führt.

Eö tvird gar nicht schwer sallen, aus GogartenS Schrift politische, und zwar
„reaktionäre" Folgerungen zu ziehen. Was darf dteses bißchen Zeitgezänke den
kümmern, der von der Tiefe her auf eine neue Gründung der entwurzelten Mensch-
heit wirken will? sgch denke zwar nicht, daß Gogarten z. B. einseitig öen aufbe-
gehrenden Arbeiter als Standesbrecher hinstellen will — wo diesem doch dnrch
Mächte, die er am wenigsten in der Hand hatte, der Stand vorlängst zerschlagen
tvorden ist. Jch denke auch nicht, daß Gogarten, wenn er vom „Jrrsinn des
heutigen politischen Lebens" spricht, diesen — fraglos vorhandenen — Jrrsinn just
mit dem g. November igi6 begonnen sehen will, wo doch daö Aufzehren alten
OrdnungsbestandeS von den früheren Geschlechtern schon mit größtem Erfolg in
Angriss genommen war. Aber selbst wenn er dies alles wollte: es bliebe doch
alles wahr und recht, was er von den „Ständen" (z. B. dem Stand des Vaters,
des Kindes) und den Ordnungen sagt. Ja, man sieht von seinem Buche auS: wenn
d:e Welt heute überhaupt noch so etwaS wie menschliches Dasein aufzuweisen hat,
so nur deshalb, weil und insosern noch Bieles von den ewigen Ordnungen in Gel-
tung ist. Man sieht das nicht nur zwischen Eltern und Kindern, Mann und Frau.
Man sieht eö häufig auch zwischen Arbeitern und Brotherren, wo das Verhältnis
immer wieder standeSmäßig einschwingt, sobald es nicht durch Dinge, an denen die
armen Teufel beider Seiten keine Schuld haben, gestört wird (Krisen!).

Nein, ich glaube im Ernste nicht, daß Gogarten (der doch gerade Geschichte so
ernst zu nehmen weiß) die ewigen, schöpfungsmäßig gestifteten Ordnungen mit den
der Historie ausgesetzten Fügungen irgendwie verwechselt — so wenig, wie dieS
Luther getan hat, vbschon man ihn als einen Reaktionär verleumdet. Sondern
Gogartens Jnteresse in dieser Schrift ist einzig und allein, zu sagen, wo und wie
positiveS Leben möglich ist; nämlich nur in den aus Gnaden verordneten Zu-
sammenhängen, in die wir gestellt sind, die uns bestimmen und geistig ernährerr,
deren größtes Beispiel die durch die Ehe begründeten „Stände" sind, die aber auch
in anderen Gestalten unser Leben als Gerüste durchsetzen und denen wir überall da
entsprechen, wo wir eine Treue halten. Zu diesem einzig positiven Leben soll sich
nach Gogartens Mahnung die Kirche stellen, auS dem Wisscn um den Menschen,
aus dem gläubigen Wissen um die Schöpfung und um die Erlösung. Und damit
hat dieser Mann, dem wir schon so Unschätzbares verdanken, Wahres und RechteS
mitten aus der Zeit heraus gesagt und sich von neuem bewährt als einer dcr wich-
tigsten, der dienstbarsten Träger des GewissenS der Kirche.

Umschau

„DerschöneNkensch" inDarmsiadt

s^t'ne internationale Akt-Ausstellung auf
^der Mathildenhöhe. Bei der Durch-
sührung eines ähnlichen ProgrammS in
Wien soll das endlose Nebeneinander von
Menschenfleisch ermüdend und aufdring-
lich gewirkt haben. Jn Darmstadt ist das
nicht der Fall. Doch es ergibt sich da-

neben, daß die Aktschilderung innerhalb
der heutigen Malerei kaum ein Son-
derproblem ist (wie das einmal zur
Zeit der ersten Freilichtakte der Fall
gewesen). Für Landschaft, Stilleben und
Körper stehen dieselben Ausdrucksmittel
frei zu Gebot. Und so ist die Einstel-
lung auf den Akt bei dieser Darmstädter
Deranstaltung nur eine thematische Be-

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