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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,2.1929

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Heft 10 (Juliheft 1929)
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Klatt, Fritz: Die geistigen Grundlagen der Körpererziehung
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Glück, Franz: Otto Stoessl
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https://doi.org/10.11588/diglit.8886#0257

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rungsweise und Atnnnrgsweise in Emklang zu bringen mit der gymnaslischen
Auöbildnng.

Schließlich die Rotenburger Lehrweise von Andersen-Schlasfhorst, mit der diese
Übersicht schließcn soll, versucht den Anschluß an Akmungs- und Gesangskunß.
Gerade diese Lehrweise hak, ohne daß man es im einzelnen merkt, aus alle gym-
nastischen Lehrweisen stark eingewirkt. Die Atmung, wie sie in Rotenburg
kultiviert wird, ist ganz entsernt von jeder zwangsmäßigen Regulierung. Der
Atem soll kommen und gehen, ganz wie es dem persönlichsten Wesen dieses oder
jenes Menschen entspricht.

Alle die hier kurz skizzierten Gymnastiksysteme sind dadurch gekennzeichnet,
daß sie nicht nur Körpererziehung betreiben wollen, sondern den ernst-
haften Willen haben, darüber hinaus zur Gesamterzichung des Menschen bei-
zutragen. Bei allen Systemcn wird versucht, von der Gymnastik aus einen
ganz besonderen Zugang zu dcr geistigen Welt zu erarbeiten. Damik kommen
wir auf den Ansang unserer Überlegungen zurück.

Die Körperkulturbewegung unserer Zeit weist über sich selbst hinaus in eine
Zukunft, die zu kennzeichnen ist als religiöse Durchdringung der Materie kraft
der Vernunft des Leibes.

Otko Stoe^t

Von FranzGlück

'd^ie Welt fällt aus die Dekorateure herein. Das Einfache und Wahre wird
^-^vom Kunstgewerbe überwuchert, und was sich mühsam und gequält den
Schein der Tiefe gibt, indem es seinem armseligen ütichts durch eitle Spiegel-
fechterei eine prunkende Fassade leiht, vcrdeckt den Zeitgenossen die Werke, in
denen wahre Tiefe ungezwungen und ursprünglich aus dem Geist und aus der
Sprache erwächst. Es ist erstaunlich, wem der Erfolg nachläuft und wer ihn
sich mühsam erringen muß, und, betrachtet man nur diesen Punkt, so erkennt
man schaudernd, wie marionettenhaft die Mitwelt von anonymen Zeitungs-
stimmen, deren Gründe im Argen und im Merkantilen liegen, gelenkt wird.
Dem Domela glaubt man sein Prinzentum auch in der Literatur (wobei frei-
lich der Hochstapler des Lebens weit schäHenswerter erscheint als der des Geistes),
aber die wahrhaft berufene Natur steht wie Lear einsam in der wüsten Gegend
und im Sturm der Zeit.

Stünde es anders um uns, so hätken Otko Stössls Werke wohl jenc Auflagen-
ziffern zu verzeichnen, die mediokre TiefschwäHer sich mit Jndienreiscn, bil-
dungsschmeichlerischc Macher mik psychologischen Romanen errungen haben.
Denn hier ist wahrhafte epische Fülle, sarbige Gestalkung, lebendiger Atem.
Dieser Erzähler sieht die IDelt als Dasein, zauberhafk breitet sich das Gelände
der Erdenlandschafk vor ihm aus, das er mit wohlgelauntem und gottgestimmtem
Sinn erschaut und aus voller Seele nachbildek. 2Lie die Schicksale seiner bun-
ten Menschenwelt sich verknüpfen, zu- oder auseinander streben, hier aufglänzen,
dork dunkler schimmern, dieses Schauspiel crweckt dem Leser die natürlichßie
Freude, läßt ihn das schönste Enkdeckerglück empfinden.

An zwei Stellen seines Werks hat Otto Skoessl, ein berufener Kritiker wie
ein Dichter reinßen Geblüts, mit aller Krafk seiner Erkenntnis und sreilich

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