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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,2.1929

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Heft 7 (Aprilheft 1929)
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Halm, August: Evolution - Revolution
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8886#0037

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sondern als das eigentlich WichLige und WesenLliche angesehen und darüber
das Substankielle, das zu befreiende lebendige Wesen miksamk seinen biologi-
schen Bedürfnissen vergessen wird. Wohl las ich davon, daß Neger selbst in
seiner Eigenschaft als Lehrer einem allzu ungestüm revoluLionären Gehaben
seiner Schüler enLgegenLraL. Nkichk aber erfuhr ich, mik welchem Rechk er das
LaL, denn ich habe in allen Berichken darüber durchaus jeden habhafken Gedan-
ken vermißk, und bemnach haLLen mir diese auch nichks zu sagen. Daß man als
Schüler lernen soll, Regeln zu befolgen, um sich späker über sie hinwegzusetzen:
das soll mir doch niemand wcismachen oder gar als einen echken Gedanken
präscnkieren!

Siehk man nun heuke diese Dinge anders als damals, zu Regers Zei'L? Tcheore-
Lifch gewiß insofcrn, als man erkannL hak, daß verfchiedene Zeiken verfchiedene
Arken des Ausdrucks, oder besser gesagk, verfchiedene Zdeale haLLen. Man
glaubk heuke nichL mehr, daß der strengere, mehr gebundene Skil früherer Zei-
Len auf IlnbeholfenheiL oder SchüchLernheiL des Sich-2lusdrückens beruhLe,
und man siehk in ihm nichts mehr von llnferkigem, noch von llnkräftigem
und Muklosem. PrakLifch aber ist diese AnsichL keineswegs fchon außer Wrr-
kung geseHL; das allgemcrne Gesühl ist auch heuke noch darauf eingestellk, >n
neuen Erfcheinungen dcn FreiheiLsdrang Leils der Musik, Leils und noch mehr
den der musizierenden PersönlichkeiL wahrnehmcn zu wollen, und zu erwarten,
daß dieser Drang sich äußerL. Ein AuLor, der uns in dieser Beziehung enk-
Läufchk, crfcheinL uns zahm und lahm. Diese Einstellung wird nun, obgleich
sie zu der heutigen Theorie nichL mehr paßk, noch nichk sogleich einer andern
PlaH machen, denn sie haL einen beständigen Fürsprecher in der TrägheiL, eine
feste SküHe in der TaLsache, daß es auf alle Fälle viel fchwerer ist, den realen
WerL einer Kunst zu beurteilen, als Kühnheiken und llnboLmäßigkeiLen wahr-
zunehmen. Weshalb wir denn hcute alle AussichL haben, wichtigsten und cdel-
sten Erfcheinungen gegenüber zu versagen, ihnen llnrechk zu Lun nnd uns um
ihr GuLes zu bringen.

Lose Blätter

Der verlorene Kreuzer

Erzählung
Bon Regina llllmann

^H^enn man im Mai des Zahres 1884 aus dcn engsprossigen Scheibcn des
"^-^DGasthauses unserer kleinen StadL blickke, so sah man nach der Schilde-
rung der LeuLe zunächst auf cin niedriges Kaufgewölbe.

Es paßte sich einem Dome an, dessen kleiner Anbau es war. NlchL allein-
stehend: daneben befand sich die Rämnlichkei'L eines Seildreherö. Aber weiker
war nichts mehr möglich: denn hier fängL ein kleines Gäßchen an, und wo man
nach dem anderen Ende fragL, befindek sich fchon die KirchenLüre. llnd da ging
es den garrzen Tag nachdenklich auf und zu. Man haLLe ein Lederkissen da-
zwifchen gefchoben, damiL kein Geräufch entstehe; aber Kirche und Gewölbe
waren so beisammen, daß eines den Blick auf das andere lenkte. llnd dann rst
es noch außerdem bekannL, wie gerne Lerrte, welche in die Kirche zu gehen pflegen,

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