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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,2.1929

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Heft 9 [Juniheft 1929)
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Popp, Joseph: Paul Schultze-Naumburg: zum 60. Geburtstag
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Kemmer, Ernst: Gedanken zur Sportbewegung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8886#0178

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als Liebe und Treue und ist dadurch heute noch ein Frchrer zu deukscher Kunsi,
Natur und Heimak, die die meisten viel zu wenig keunen.

Das Vorbildliche an Schultze-Naumburgs schriftstellerischem Wirken ist die
tiefe ethische Gesinnung, sein wahrhaft kultivierter Geist, dem es nicht nur
um ästhetische und künstlerische, sondern um die letzken menschlichen Werte
geht. Deshalb macht er auch keine Zugeständnisse an die Zeit, wo sie ihm noch
unreif scheint oder wo er bloßes Modewesen zu spüren glaubt. Ein solchcr
Eckart is! manchmal unbequem und man möchte ihn da und dort nachgiebiger
wünschen, aber auch so wirkt er als ein Ganzer — deren wir gerade im Mo-
dernen mehrere haben sollten.

Gedanken zur Sportbewegung

Von Ernst Kemmer

I<^-s gibt eine Sporkbewegung. Es isl eine wirkliche Bewegung, kein
^Rummel. Sie kommk aus Tiefen. Und ergreifk die Massen, ergreift die
Zugend. Es ist ein Anfang. Was ist das Ende? Materialisierung unseres
Volkes oder Gesundung und Verjüngung? Beides ist möglich. Es kommt
darauf an, wie wir uns zu ihr stellen. Wir wollcn sie darum vorurteilslos
betrachteu. Das ist nokwendig, denn alles, was über Sport heute geurkeilk
wird, enkspringt entweder aus Haß oder aus Neigung.

Ich gebe keine Definition von Sport, weil es eben eine gültige nichk gibt. Spork
isk keine feslstehende Größe. Er hat sich geschichtlich entwickelt und ist fortwäh-
rend im Wandel begrisfen. Es ßeht bald dieses, bald jenes Elemenk als der
entscheidende Träger des Begrisfes voran. Für die einen ist das Moment des
Spiels, der Bewegung im Freien maßgebend, für die anderen der Wettkampf
oder die Bekonung der Technik, das Streben nach Höchstleistungen. Wenn
wir aber von Bewegung sprechen, so schränken wir uns nichk ein auf eine Rich-
tung oder auf eine Äusfassung oder eine Art, sondern fassen das Problem all-
gemeiner und verstehen darunter die ganze Neueroberung des Leibes, die ihm
sein Recht wieder gibk und darin eine Pflicht und eine Aufgabe sieht. Wir
stellen darum auch nicht Turnen und Sport in Gegensatz, sondcrn fassen das
Turnen im Jahnschen Geist, und da gehören Turnen und Sport zusammen.
Gewöhnlich faßk man die Sache von außen. Man sieht die Bewegung kom-
men und stellt sich ihr gegenüber. Oder läßt sich von ihr tragen. Man glaubt,
sie kommc von England, von Amerikä. Sie kommt aber aus uns selbst heraus.
Sie hat denselben Ursprung bei uns wie in England und Amerika. Sie ent-
wickelk sich aus den gleichen Bedingungen. Sie isl eine Gegenbewegung gegen
Verstädterung, Mechanisierung und Zndustrialisierung. Sie ist in England
und Amerika früher eutstandcn, weil dort die Bedingungen, die diese instink-
tive Abwehrbewegung notwendig machten, früher gegeben waren. Die Groß-
städte mid Jndustriestädte haben dort die Sehnsucht nach dem Grünen und nach
dem freien Spiel der Gelenke und Glieder früher geweckt. Man hak dort auch
das Heilmittel gegen die Schäden der Verstädterung und Jnduslrialisierung
nicht gekannt, das wir früher besaßen, die allgemeine Wehrpflicht.

Die Sportbewegung, soweit man eben von einer Bewegung spricht, ist re-
flexionslos und absichtslos. Sie entspringt aus gesunden Kräften, die beschäftigt
 
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