Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,2.1929

DOI Heft:
Heft 9 [Juniheft 1929)
DOI Artikel:
Lose Blätter
DOI Artikel:
Umschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8886#0230

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
imstande sein wird? Jedwede übersteigerte Begier des Menschen nach Dingen rächt
sich als Dummheit; sie sührt sich selbst sä sbsurclum. Lächerlich daher der Mensch,
der da glaubt, eine Dummheit, die igiö begangen wurde, 1929 zur Klugheit, zur
Gerechtigkeit umkonferieren zu können!

Bielleicht, wenn diese Zeilen gelesen werden, ist sie schon, und sogar für uns „günstig",
auseinandergegangen, diese Konferenz. Wir wünschen es von Herzen! Zerfahrene
Reichsfinanzen, eine hitzige Zoo Millionen-Reichsanleihe, ein erhöhter Reichsbank-
diskont, eine erwürgende Arbeitslosigkeit, eine harte Transportsteuer, eine schwer
gehemmte Reichsbahn, die Herrn Kommunisten, und tausend andere ähnliche Er-
freulichkeiten — wahrlich, Deutschland könnte ihn brauchen, den „günstigen" AuSgang!
Noch nötiger, noch dringender, noch unerläßlicher aber, für Deutschland sowohl als
auch für die ganze Welt, dürfte es sein, daß sich endlich einmal Alle, die in Herz und
Geist heute noch Menschen sind, zur schonungslosen p 0 l > tischen Front gegen
Jene zusammenschließen, die es immer noch nur mit dem Munde sind! Schreit
es doch schon zum Himmel, daß Leute, die vor dem kleinsten privaten kaux pss
die Fraisen kriegen, ihre Freude daran haben, die Bölker und Nationen wie Hyänen
aufeinander stürzen zu machen! Zum Himmel, daß über Dinge, über „Geld und
Gut", immer noch einzig von der Brunst des Leibes, und nicht von der Überlegenheit
des Geistes her verhandelt wird! Und zum Himmel, daß Scheußlichkeiten von 1918
auch 1929 noch nicht mit der einfachen Geste der Gerechtigkeit und für immer und
ewig liquidiert werden! A. T.

Umschau

Robert von Erdberg

m Z. April ist Robert von Erd-
berg gestorben. Sein Tod hat eine
doppelte Bedeutung. Einmal ist es ein
Wechsel des Referenten für Bolkshoch-
schul- und Volksbüchereifragen im Preu-
ßischen Ministerium für Wissenschaft,
Kunst und Bolksbildung; und ein solcher
Wechsel ist hier bedeutsamer als an man-
chen anderen Stellen, da der persönliche
Einfluß Erdbergs in den deutschen Dolks-
bildungsfragen überal! fühlbar war, wie
im Dolksbildungswesen stets persönliche
Wirksamkeit das Wesentliche ist. Außer-
dem aber liegt heute die große Aufgabe
dieser Stelle darin, das freie Volksbil-
dungswesen im Ganzen der Arbeit des
preußischen Kultusministeriums erst zu
verankern. Es galt in den letzten Jahren,
erst die Stelle im ganzen für dies freie
Bolksbildurigswesen zu erkämpfen. Hier
setzte von Erdberg sich ooll ein, und
jeder Wechsel heißt, diese Intensität des
Ringens um diese Position in Frage zu
stellen. Denn eine Tradition gibt es hier
noch nicht, die Persönlichkeit bedeutet
alles.

Doch wichtiger sind andere Lücken, die
dieser Tod für uns bedeutet. Die deut-

194

sche Bolksbildungsbewegung hat einen
ihrer wichtigsten Führcr, einen ihrer älte-
sten Vorkämpfer mit ihm verloren. Wir
haben im letzten Jahrzehnt ein großes
Auf und Ab des allgemeinen Jnteresses
für die Fragen der Volkshochschul- und
Dolksbildungscirbeit erlebt, die Gestalt
von Erdbergs aber ist davon unberührt.
Er kämpfte für seine Sache, ehe die Welle
allgemeiner Gunst sie hochhob, und als
die Flut wieder oerebbte. Jn dem Bil-
dungsbetrieb der Dorkriegszeit stand er
vereinzclt, mit wenigen nur zusammen,
immec in dem Bewußtsein, daß Bildungg-
arbeit nur oerantwortet werden könne bei
einem Zurückgehen auf schafsenwollen-
de tiefste menschliche Kräfte, daß nicht
ein Verteilen bestehenden BildungSguteü
Wesentliches leiste, sondern nur ein ste-
teS Neuschasfen, das das Absterben aller
menschlichen Formulierungen, Satzungen
und Meinungen immer wieder überwin-
det. Er war vor dem Kriege oft oer-
zweifelt, ob auf solche Weise Bildungs-
arbeit sich gestalten lasse, und wenn er
— selten genug — Menschen fand, die
mit ihm diesen 2Leg steten Kampfes und
steten Jnfragestellens gehen wollten, so
war das seine stärkste Freude. So be-
deutete die erste Begegnung mit Walter
 
Annotationen