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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,2.1929

DOI Heft:
Heft 9 [Juniheft 1929)
DOI Artikel:
Popp, Joseph: Paul Schultze-Naumburg: zum 60. Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.8886#0173

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Xvx8r^xn'r XXXXII. Ixsnoxwc:

Paul Schultze-N'aumburg

Zum 6c>. GeburksLag
Von Ioseph Popp

feiern in Schultze-Nanmburg miL dankbarem Gedenken einen der
'^^-^frühesten, eifrigsten und verdienstvollsten MiLarbeiter unserer ZeikfchrifL,
der zur Verbreitung der Kunstwart-Ideen und -Ideale ungemein viel beigetra-
gen und durch seine eigenen Schriften, die der Verlag Lätigst gefördert, den brei-
testen Kreisen unseres Volkes alkes, wertvolles KunstguL neu vermiLLelt hat.
Wir verehren in SchulHe-Naumburg einen deutfchen Kunsterzieher, der vor
beinahe dreißig Iahren als einer der ersten für eine gesunde, sachliche Baugesin-
nung in WorL und Bild überaus wirksam eingetreken und auch heute noch in
solchem Sinn anregend und belehrend wirkt. Wie nokwendig auch jeHL noch der
Hinweis auf Mißratenes ist, beweist die Bebauung unserer großstädtifchen
Außenbezirke und vor allem das Bauen der Provinz. In diesem Sinne begrü-
ßen wir die neue Auflage der „Kulturarbeiten" aufs wärmste und wünfchtcn sie
nur durch gute Beispiele modernen Bauens in reicherem Maße ergänzk. Gehen
wir darin mit SchulHe-Naumburg einig, daß unsere Zeit des wertvollen Älte-
ren und Alten zu wenig eingedenk ist, so vermögen wir LroHdem nichk seinen
Pessimismuö gegenüber den neueren Errungenfchaften zu keilen, die nicht nur
Errungenfchaften der Technik, auch der Kunst sind.

Man hat SchulHe-Naumburg jüngst einen „Reformator" genannk. Wir er-
achten das als irreführend. MiL solcher Bewertung fordert man nur die Kritik
derer heraus, die die ZeiL und die ZeiLgenossen kennen, innerhalb deren SchulHe-
Naumburg seine Tätigkeit entfalteL, anderseits sind seine Verdienste, die jeder
Kundige freudig anerkennen muß, groß genug, um keiner falfchen Überhöhung
zu bedürfen. Um auf mich selbst Bezug zu nehmen, gestehe ich gern, daß ich den
Büchern von Schulhe-Naumburg als einer ihrer frühesten Lesec — ich besiHe
noch vielc in erster Auflage — mancherlei verdanke, daß ich mich ihrer auch
späker in Vorlesungen erfolgreich bedient und sie auch heuke noch — LroH
manchen fcharfen Einspruchs im Einzelnen — anregend sinde: das Wertvolle
darin ist unser aller BesiH geworden. In der Kunst gibt es keinen Reformator,
so wenig wie in der WissenfchafL; es gibk nur einen ReformaLor in der Kunst-
erziehung wie gegenüber Instikutionen: Reformakoren der Kirche, des Staa-
kes usw. Eine Kunst, die alt und fchwach geworden oder sonstwie enkartet
i>k, wird nichk reformiert, sondern durch cin Neues, Anderes abgelöst; auch die
Renaissance war keine Kunstreformakion. Im Reformieren liegt ein Doppel-
sinn: ein nächster und wörtlicher, der Ilmgestalten bedeutet, und ein überkragener
und sittlicher, der „verbessern" will. Die Umgestaltung wahrhaft fchöpferifcher
Reformatoren ist immer auch ein Neubilden, und so sind sie zugleich Revolu-

Junihefl 1929 (XXXXII, g)

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