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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,2.1929

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Heft 7 (Aprilheft 1929)
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Lose Blätter
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Tribünne
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https://doi.org/10.11588/diglit.8886#0064

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Nacht seitdem um Nacht
Hören halbertvachk

Vögel em Gespräch nach Vogelbrauch;
ZwlllingszwiLscherlaut
Sucht sich süßvertraut
und lmmerzu.

Tribüne

Bartels' DriLLer Band

Von Josef Hofmiller

^ v^?on der großen Ausgabe in drei Bänden von Adolf Bartels' „Gefchlchte der
^^deutfchen Llteratur" (Leipzig, H. Haessel) liegt der letzte Band vor, der „Die
neuefte Zeit" behandelt, iZvö Seiten Lexikonformat. Wenn sich nach Lessings be-
kanntem Wort seineS Fleißes ein jeder rühmen darf, so darf dies Bartels doppelt;
denn soviel wlr wissen, hat er diese Leiftung einem seit Jahren kränklichen Organis-
mus abgerungen. Wenn im folgenden versucht wird, darzulegen, wie er sich selbft
seine Aufgabe bis zur Unlösbarkeit erfchwert hat, so gefchieht das, um dem uner-
müdlichen Arbeiter für die nächfte Auflage Fingerzeige zu geben. Dabei muß lch
allerdingS etwas weiter ausholen.

Bartels hat seinerzeit seiner kleineren zweibändigen „Gefchichte der deutfchen Lite-
ratur" (Leipzig, E. Avenarius igog) einen dritten Band beigegeben „Handbuch zur
Gefchichte der dentfchen Literatur", der das Biographifche und Bibliographifche bei-
bringt, das im Text nicht geboten werden konnte. „Die eigentlichen Schwierigkeiten",
sagt er im Vorwort, „begannen für mich natürlich erft da, wo Goedeke aufhört",
mit anderen Worten ungefähr da, wo Bartels' jetziger Dritter Band anfängt.
Hinzu kommt eine Selbfteinschränknng: „Für ein Lernbuch, wie ich es fchasfen
wollte, mußte ich eine Art Lesbarkeit zu erreichen versuchen." „Aber", fährt er
sogleich ehrlich weiter, „sie ift ziemlich problematifch geblieben."

Es will etwas besagen, daß die zooo Stück der erften Auflage dieses „Handbuchs"
fchon nach Jahresfrift vergriffen waren und es neu aufgelegt werden konnte. Die
neue Auflage brachte eine Unmenge Verbesserungen, wie überhaupt die nimmer-
müde Hingebung, mit der Bartels in seinen Werken völlig aufgeht, ekwas Rührenöes
hat. Er neigt auf der einen Seite ftark zum Lexikographen, der sich in dieser Rich-
tung kaum genug tun kann; andererseits ift er ein Meifter des in sich abgcrunöeten
Essays und der Charakkeriftik. Hier liegt nun die Schwierigkeit: nämlich die Cha-
rakteriftiken mlt dem Bibliographifchen zu vereinigen. Jch halte dies für voll-
kommen unmöglich. Aber Bartels ift fchritkweise zu diesem Versuch gekommen.
Zwifchen der kleinen zweibändigen „Gefchichte der deutfchen Literatur" nämlich und
der großen, dreibändigen, deren abfchließender Band hier zur Debatte fteht, hatte
Bartels „Die deutfche Dichtung von Hebbel bis zur Gegenwart" in drei Teilen
dargeftellt (H. Haessel, lögö bis 1922). Schon in diesem Wcrke ift, zu seinem
Schaden, die Scheidung zwifchen Literatnrgefchlchte und Handbuch nicht mehr durch-
geführt, und ganze Seiten bringen nichts als Namen, Tite! und Jahreszahlen.
Dies war bedingt durch „die Aufnahme der kleineren Talente, die zur Erkenntnis der
Gesamtatmosphäre notwendig sind" (Dorwort 1917). Durch deren Aufnahme
wird jedoch eine Literaturgefchichte mit verhängnisvoller Zwangsläufigkeit zu einem
Literaturkalender, der sich vor dem wirklichen nur durch eine angeftrebte, aber nle-
mals erreichte gefchichtliche Darftellung und den Verzicht auf die Vorteile des
reinen Lexikons unterfcheidet. Es war dies mit ein Grund, daß aus den 120 Seiten

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