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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,2.1929

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Heft 11 (Augustheft 1929)
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Stoessl, Otto: Knut Hamsun: (zum siebzigsten Geburtstage, 4. August 1929)
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Hartwig, Heinrich: Tessiner Landkirchen und ihre Umgebung: ein Beitrag zur Landbaukunst ; mit Reiseskizzen des Verfassers
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https://doi.org/10.11588/diglit.8886#0337

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Das Primikive ist das Erdengemäße, Ja und Heil; die Zl'vi'llsakion (Hum-
boldt würde sagen: die Freiheik) ist das Nejn, Sünde, Untergang schlecht-
hin. Es gebe nur Einsalt des Herzens nnd der Dinge unter dem Himmel, am
Skrand, im Wald, alles andere ist vom Übel. Weisheit des Herzens und
Blutes denkk mik ihrem Gefühl und kennt im Widerspruch kein 2lber und
Andererseits, nur ein Entweder — Oder.

„Segen der Erde", „Das leHte Kapitel" und die Odyssee zweier „Landstrei-
lher" legen dieses Entweder — Oder dar: hier das geduldige Bebauen von
Hdland, das Jn-der-Nvtur-Schassen, dort das Oder: die Erde, ein zivili-
siertes Sanatorium, wo Aussatz und Selbstmord miteinander plaudern und
als zwei llnzertrennliche einander ausgesuchte brüderliche Bosheiten sagen,
bis ein Brand die ganze bequeme, schön eingerichtete Kuranstalk ausrottet.
Nur der Selbstmörder überlebt alle bis aus weiteres. Die neue Likeratur
hat nichts Erschükternderes, llnhei'mli'chcres, nichts Lragischer und wilder
Komischeres hervorgebracht, als diese konkrete Schilderung einer aus Gesund-
heik und Krankheit spekulierenden Gründung vor der sinsteren Weite einer
elenden, verderbten, hossnungslosen albern-geistigen Zivilisakion. Die beiden
Gegenspieler, die Helden dieses Zeitalkers, der AussäHige und der Wahnsin-
nige schleichen wie symbolische Träger des Zännners menschlicher Entsrem-
dung dahin. Sie haben cine weltdichLerische Furchtbarkeit. Der Bauer im
„Segen der Erde" — er heißt nicht umsonst Zsaak wie der llrvater — hat
eine welkdichterische Freundlichkeit.

Nur mik dem Herzen läßt sich so grausam scheiden. Der Verstand weiß:
alles ist Natur, der Geist, die Freiheik so gut wie das Gesühl und sein Zwang,
der Trieb so gut wie das Hirn. llnd doch besteht das Gemük daraus: nichk
alles ist Nakur. Es muß einen Kamps gegen die Notwendi'gkei't geben!

In dem ewigen Prozeß, den Herz und Geist um die Bestellung der Erde
sühren, spricht der Riese zugunsten der Instinkte. Seine Dauer gibk ihm
recht. Er bezeugk die unverbrüchliche Idealitäk des llrgesühls, des llrmen-
schen, der immer wieder in einer erdentsremdeken Gesellschafk als das wahre
Exemplar Mensch auftritk: der Dichter selbst ist die Rückkehr zur Natur.

Tesjmer Landkirchen und ihre Umgebung

Ein Beitrag zur Landbaukunst
Bon Heinrich Hartwig
Mit Rerseskizzen des Versassers

^liür das Dorf haben Kirche und KirchplaH annähernd dieselbe Bedeutung,
sZ wie Rathaus und MärktplaH für die Stadt. Hier trisst srch an Festkagen
und bei besondereu Anlässen die Bevölkerung des Dorses. Der PlaH um die
Kirche ist das Zentrum des dörflichen Lebens.

Ziel der Landbaukunst, die gegenüber dem Städtebau in leHter Zeit wohl
etwas stiesmüLLerlich behandelt worden iß, muß es daher sein, der Kirche als
dem bedeutendßen Bauwerk der Landschast eine besonders hervorragende Lage
zu geben und deu PlaH um die Kirche würdig und archi'Lektonisch interessant
auszubilden. Im Flachland wird man dieses Ziel mik anderen Mitkeln zu er-
reichen suchen als in welligem oder bergigem Gelände. Wie die leHkere 2lus-

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