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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,2.1929

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Heft 8 (Maiheft 1929)
DOI Artikel:
Egidy, Emmy von: Um Bachofen und nach Bachofen, [2]
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Meridies, Wilhelm: Der Epiker Hermann Stehr und sein Weltbild
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https://doi.org/10.11588/diglit.8886#0115

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Immanente LriLL wieder in seine Rechte, wird begriffen, die GleichzeitigkeiL
von Bild, 2lnschauung, Geslalt und Idee anerkannk. N'icht nur die Iugend
in ihren Wanderungen, auch die Wissenschast in ihren neuesten Mekhoden
strebt, der Natur wieder nahezukomnien, suchL das Leben als TotalitäL zu
ersassen als Einheit von Skoss und Geist.

Es ist Bachofens Weg, den wir gehen.

Er hat seine gesamte GeistesarbeiL aus einem Grundprinzip errichteL. Ini
Anfang seiner Forschung stehL der Sah: „Das Symbol war vor dem
Mythos, das AttribuL vor der GoLLheiL, das Bild vor dem Work."

Rückwärks den Weg abkastend, den die Menschheit gegangen, sehen wir vic
Hosfnung erstehen, daß eine ncue Vermählung von Stoff und Geist möglich,
dic einstmals zerrissene Einheik auf einer höheren Ebene wieder herstellbar
werde, so daß auf anderer Stufe sich das wieder ereignen könnke, was rn der
ersten VerbundenheiL beider möglich und damals symbolschaffend wurde: die
große Welk-Schau.

Der Epiker Hermann Gkehr und sein Weltbild

Don Wilhelm Meridies

^E^ast hat es den Anschein, als solle auch der eben fünfundsechzigjährige schlc-
O sische Dichker Hermann Skehr dem Schicksal jcner zieinlich beträchklichen
Zahl bedeukender Geister unserer Nakion nichk entgehen, die zu ihren Lebzeiten
die Anerkennung ihres Schastens nur bei einer kleinen, wenn auch wesenk-
lichen Gemeinde finden und darum selbst äußeren Lebensnöten ofk kaum ent-
gehen konnten und die dann nach ihrem Tode erst zu gebührender, ja klassischer
Gelkung gelangken. Während die Deutschen, wirklich nichk gesegnek mik gan;
großen Epikern wie die Russen odcr die Skandinavier, immer crneuk über-
setzungen ausländischer Erzähler veranstalkcn, dabei die zufolge jahrhunderkealter
Tradikion zu neuer Blüte gelangte nordische Prosa seik langem bevorzugend,
lebk und dichtek in ihrer Mikte, erst im lehten IahrfünfL stärker beachkek, „ihres
Landes größker Epiker" (nach einem Work Waltcr Rakhenaus). Was nützt
es ihnen, daß KnuL Hamsun voller Verwunderung über die geringe Wirkung
Skehrs im eigenen Volk seine Skimme erhebk: „Ich weiß nichk, was ihr an
uns Skandinaviern so liebt, da ihr doch euren Hermann Stehr habt!" Allen
Ernstes verstieg sich vor kurzcm eine deutsche ZeitschrifL anläßlich der Bespre-
chung des neuen Romans eines, mik Hamsun verglichen nur rechk durchschnitk-
lichcn nordischen Schrifkstellers zu dem imwürdigen Vorschlag, jenem Dichtcr
doch dnrch Einladung von irgendeincm Mäzen Gelegenheik zu gebcn, auf Grund
eines längeren Aufenthalks in Deukschland einen Roman des deukschen Bauern-
tums zu schreiben — als ob das deuksche Bolk aus sich heraus dazu unfähig wärc.
Aber diesc Auslassung ist leider sympkomakisch eininal für den Likerakurbetricb
unserer Tage, zum anderen dafür, wie wenig Aussichk heuke im Trunde noch
ein deutscher Dichter hak, bei seincm eigenen Bolke Gehör zu sinden, wenn seine
Werke „nicht für die Mächke, die AukoritäL verleihen, Bühne, WissenschafL,
Presse und Frauen" (Rakhenau über Stehr) geschrieben sind. Die Teilnahms-
losigkeit des deutschen Publikums ist um so schnierzlicher und bedenklicher, als es
im Falle Hermann Skehrs an der höchsten Anerkennung seines Schaffens durch
die maßgebliche Kritik des In- und Auslandes nichk gefehlk hak.

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