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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,2.1929

DOI Heft:
Heft 12 (Septemberheft 1929)
DOI Artikel:
Eberlein, Kurt Karl: Anselm Feuerbach: zum 100. Geburtstag des Künstlers am 12. September
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https://doi.org/10.11588/diglit.8886#0409

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XXXXL5L880LN6

Anselm Feuerbach

Zum 100. GeburtsLag des Künstlers am 12. SepLember
Von KurL Karl Eberlein

Jeder Mensch schafft sich sein eigen Paeadies. und bestände

es bloß in einem Blitz ooll Hostnung. 2l. F.

^v^^so der Gem'llS sei'ne großen Flügel m'ederläßk, wächst SchaLLen und
^-^-^Dunkel um Kinder und Kindeskinder, denn die Träne ist der Tau
des Lorbeers und di'e Flamme des Geistes zerstört die zerbrechliche Lampe.
Nur die leidende, kranke Seele wird des Genius GeräL, und die von den
goldenen Tischen gestürzLen Enkel fluchen aus der Tiefe der Dämmerung
dem Lichke der Ahnen. Das zerstörLe SaiLenspiel klingL in ihren Händen
wie Klage, und der Fluch der Erben ist immer der gleiche: „Weh Dir,
daß Du ein Enkel bist!" Wer den Enkel verstehen will, muß auch die
Ahnen kennen. BluL ist ein ganz besonderer Safk, und Gefchichke ist auch
Seelenkunde. So wird uns auch Änselm Feuerbach als Menfch und Künstler,
als Erfcheinung und Problem zu einem jener Enkel, die den Fluch des Ge-
nius als Schicksal Lragen, die noch einmal die flackernde Flamme über sich
hinausheben, ehe das Dunkel des Geistes und des Lebens sie verfchlingk.

Dic Feuerbachs stammen aus FrankfurL am Main. Schon der UrgroßvaLer
Iohann Anselm, der FrankfurLer AdvokaL, war ein begabker Landfchafks-
zeichner und Radierer, und das TalenL erbke sich ebenso fort wie das glü-
hende Temperamenk, das dem Nümen eine eigene Bedcukung gab. Der
Großvaker, der geniale Kriminalist, Anselm RiLLer von Feuerbach, der
bayerifche Skaaksrat und AppellaLionsgerichkspräsidcnL, der sich seine Frau
aus Iena holte, war ein geiftvoller, dämonifcher Willensmenfch, der sich in
seinen zahlreichen Kindern bedeukend und fchicksalig vererbte. Besonders An-
selm, der Archäologe, und Ludwig, der Philosoph, waren reichbegabke, aber
mimosenhafke NaLuren, deren TalenL den Fluch eines kranken und ruhelosen
Gemükes trng. Ihnen wurden Kultnr und Tradition, Gefchmack und Be-
gabung zum Schicksal, gegen das sie vergebcns ankämpften. Der unglückliche
Archäologe, Gynmasiallehrer und Universitätsprofessor, dessen dichterifche
und künstlerifche Seele wir aus seinen Schriften kennen — die uns seine
Witwe HenrieLLe Feuerbach, geb. Heydenreich, herausgegeben hak —, war
zweifellos ein gemütskranker Mann, „ein ausgebrannker Vulkan", dessen
bedrückende Nähe uns in Henriekkes Briefen fchauerlich lebendig wird. Diese
edle, vielbegabte Frau, die als zwei'Le Gattin nach dem Tode der fchönen,
güligen Amalie Keerl (iLgD die Erziehung der beiden Kinder Anselm und
Emilie übernahm und den Mann wie die Kinder mi'L heldenhafter Aufopse-
rung erhielt und überlebte, sie ist die einzige männliche und gesunde Kraft in

Sepremberheft 192g (XXXXII, 12)

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