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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Jessen, Jarno: Raffael Schuster-Woldan
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Giesecke, Albert: Antike Gemmen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0025

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ANTIKE GEMMEN

wolle im Auge behalten, daß die Originale
oft winzig klein und die Technik des „Schneidens"
(Bohrens*) oft nur Andeutungen gestattet. Aber
auch hier gilt: eine Vergrößerung kann nur
dann der Wirkung eines Kunstwerkes schädlich
sein, wenn das Kunstwerk schlecht komponiert
ist oder schlechte Verhältnisse hat oder schlecht
im Rahmen steht. Im Gegenteil, die Vergröße-
rung ist der beste Prüfstein für die Güte und
die Wirkung eines Kunstwerkes.

[ ..^Die Kunst des Steinschneidens ist heute fast
gänzlich verschwunden. Niemand verlangt mehr
nach ihr. Vor einiger Zeit ließ man sich
wenigstensnoch Wappen in Siegelringe schneiden,
aber das Siegeln ist heutzutage verpönt. Vor
30—40 Jahren trug man auch noch Cameen
in der Brosche, wie überhaupt im 19. Jahr-

*) Bei aufmerksamer Betrachtung bemerkt man, daß sie gebohrt
sind (besonders bei schlechten Stücken), sodaß manche Formen
geschwollen und verzerrt erscheinen.

hundert manches in Mode war, was die Alten
schätzten. Im 18. Jahrhundert lebten in Rom
eine ganze Reihe tüchtiger Steinschneider, die
für die vornehme Welt Gemmen schnitten und
sich mitunter auch geschickte Fälschungen ge-
statteten. Der Materialismus unserer Zeit be-
schränkt sich auf den Genuß von Farbe, Brillanz
und Seltenheit der Steinarten, verschmäht es
aber, die Oberfläche der Steine mit Bildern zu
zieren. Man begnügt sich mit reinen stereo-
metrischen Schliffen. Ob je die Zeit wieder-
kommen wird, wo man solche Steine mit Bildern
schmückt? Wenn statt der albernen Mode, mit
Reklamemarken Briefe zu siegeln, die alte gesunde
Mode mit Stempeln oder Ringen zu siegeln,
wieder aufkommen wird, so würde Gelegenheit
geboten sein, für solche, die Freude haben an
Werken der Kleinplastik, der Steinschneidekunst
neue Aufgaben zuzuführen.

A. G.

VERWUNDETER KRIEOER

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