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Kamenzin, Manuel; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0075

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4. Der gute und der schlechte Tod in Altertum und Mittelalter

Verbots durch das Vierte Laterankonzil.345 Verglichen mit der Verwendung in
anderen Kontexten, wie Krönungen, wird die Ölung in historiographischen
Quellen zu den Toden von Königen selten explizit angeführt.
Als viaticum wurde die letzte Eucharistie des Sterbenden gesehen, die auch
als Sakrament galt.346 Ihre Entwicklung ist schwer zu fassen. Vom ersten bis
dritten Jahrhundert finden sich nur wenige Erwähnungen, erst ab dem siebten
Jahrhundert steigt die Zahl.347 Das Konzil von Nicäa legte fest, dass die letzte
Wegzehrung keinem Sterbenden verweigert werden dürfe.348 Es entwickelte sich
schließlich der Brauch, einem Sterbenden über den Tag verteilt mehrfach die
Kommunion zu geben, um sicherzustellen, dass der Schutz durch das viaticum
beim Zeitpunkt des Todes auch sicher gegeben war.349
Obwohl nur Beichte und Kommunion kirchenrechtlich als Sakramente ge-
sehen wurden, wurden Beichte, Kommunion und Ölung in ihrer Gesamtheit in
den Quellen oft als Sterbesakramente bezeichnet. Es kann davon ausgegangen
werden, dass diese unbestimmte Nennung das Bild eines christlichen Todes
sicherstellen sollte, ob damit nun eine Orientierung am Transitus Mariae, dem
ordo defunctorum oder den kirchenrechtlichen Bestimmungen gemeint war.350
Eine Nennung der Sterbesakramente kann somit als narrative Strategie zur
Darstellung eines guten Todes betrachtet werden. Nichterwähnung sollte neu-
tral gewertet werden. Als Anzeichen eines schlechten Todes sollten sie hingegen
nur gesehen werden, wenn explizit angegeben wird, dass sie nicht gespendet
wurden.
4.3.4. Nachhinein
Gute und schlechte Tode konstituierten sich nicht ausschließlich durch das Er-
eignis und sein Vorfeld, einige Anzeichen betrafen den Leichnam, die Beisetzung
und die Grab lege. Es galt nach den Viten als Anzeichen von Heiligkeit, wenn der
Leichnam nicht verwesen und Wohlgeruch verströmen sollte. Verwesung und
Gestank hingegen waren Anzeichen eines schlechten Todes.351 Es ist bei diesen
beiden Vorstellungen nicht auszumachen, welche zuerst aufkam.
Beisetzung und Grablege bildeten gemeinsam ein Anzeichen für gute oder
schlechte Tode.352 Nennung oder Nichtnennung können hier durchaus eine
narrative Strategie darstellen, denn eine Bestattung war einem Christen vorbe-

345 Grabmayer, Diesseits, S. 46 f.

346 Schreiner, Tod, S. 298. Angenendt, Geschichte, S. 668.

347 Browe, Sterbekommunion, S. 1 f.

348 Schreiner, Tod, S. 298.

349 Ebd.

350 Caesarius von Heisterbach, Dialogus Miraculorum, Bd. 2, Dist. 11, Kap. 21/22, S. 289 f. zeigt
durch zwei aufeinanderfolgende Exempel (Sterben ohne/Sterben mit Empfang der Sakramente),
dass der Empfang zu einem guten Tod führt. Zum Kontext dieses Exempels siehe S. 40
Anm. 141-145.

351 Siehe hierzu Schmitz-Esser, Leichnam, S. 137-164. Siehe Kapitel 4.3.3., Abschnitt „Das schlechte
Sterben".

352 Zur Unterscheidung zwischen,Begängnis' und ,Begräbnis' siehe S. 476 Anm. 2771.
 
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