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Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0354

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7.3. Schlussfolgerungen

353

Dies muss als großer Unterschied zwischen den Überlieferungsgruppen zu
den Toden König Wilhelms und König Adolfs gesehen werden. In Adolfs Fall
war der Vorwurf an Albrecht so stark, dass er eine Ausdeutung des Todes auf
den Verstorbenen verhinderte. Diese Stärke zeigte sich auch in einem anderen
Aspekt: Selbst die Albrecht I. zugeneigten Schilderungen, die die Schlacht in
einem Zweikampf der beiden Kontrahenten gipfeln ließen und Wert darauf
legten, Albrecht als kämpferisch Überlegenen darzustellen, schreckten davor
zurück, dem Habsburger den tödlichen Hieb zuzuschreiben. Hierin scheinen
ähnliche narrative Strategien wie im Brief Albrechts I. auf. Der Habsburger
scheint sich der Gefahr bewusst gewesen zu sein und versucht zu haben, Deu-
tungshoheit über den Tod König Adolfs zu erlangen. Dass ihm dies nicht gelang,
zeigen die Reaktion des Papsts und die anhaltenden Anschuldigungen.
Die bei den Königsmorden bereits beobachtete Fokusverschiebung findet
sich somit auch bei den Toden im Felde. Nach dem Tod König Wilhelms wurde in
einer lokal begrenzten Tradition diskutiert, ob der König selbst, seine Männer
oder die Friesen für das tragische Ereignis verantwortlich waren. Bei König
Adolf stand der Schuldige schnell fest, auch wenn dieser frühzeitig versuchte
hatte, dem Vorwurf zu entgehen. Die bekannte Tendenz tödliche Schläge zum
Kopf des Königs auszugestalten, findet sich interessanterweise sogar in der
Überlieferung zum Tod Adolfs, des Königs, den keiner erschlagen haben wollte.
Nach zwei Überlieferungen habe Albrecht I. in ritterlichem Zweikampf seinem
Kontrahenten eine Wunde am Kopf zugefügt, die ihn nicht getötet habe, aber den
Kampf entschied.
Die vorgestellten Tode im Felde bestätigen somit weiterhin die Fokusver-
schiebung in der moralischen Ausdeutung bei Toden durch Gewalteinwirkung.
Der Tod König Adolfs zeigt dabei, welches Ausmaß die Königsmordvorwürfe
erreichen konnten, wenn der Beschuldigte selbst ein König war. Der Tod König
Wilhelms hingegen gibt gleichermaßen Aufschluss über historiographische
Überlieferungen zum Interregnum als auch über die regional unterschiedlich
ausgeprägten Wahrnehmungen eines Todes in der Fremde.
7.3. Schlussfolgerungen
Als übergeordnetes Ergebnis des Kapitels „Tod durch Gewalteinwirkung" muss
zunächst die Tendenz zur Verschiebung des moralischen Fokus' auf die jeweils
Gewalt Ausübenden festgehalten werden. In Schilderungen zu gewaltsamen
Toden konzentrierte sich die moralische Ausdeutung meist auf den Täter, der
verdammt wird. Dies konnte ein so großes Ausmaß erreichen, dass der Ver-
storbene zwar mit wenigen Worten positiv konnotiert wurde, aber nicht im
Mittelpunkt der Schilderungen stand, wie in der Überlieferung zu Philipp II. Aus
allen vier hier vorgestellten Todesfällen erwuchsen Vorwürfe, die konkrete
Auswirkungen hatten. Meist verschob sich der Fokus dabei auf den Täter, die
Einzeluntersuchungen zeigen jedoch, dass es auch Abweichungen gab.
Die Überlieferung zum Mord an Albrecht I. führt vor Augen, dass die Ver-
schiebung des Fokus' nicht zwingend zur positiven Konnotation des Opfers
 
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