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Kamenzin, Manuel; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0399

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9. Chronologischer Durchgang

Schwarzburg zunächst im Vertrag von Eltville auf sein Königtum und verstarb
wenig später. Vereinzelt wurde in diesem Tod ein plötzlicher und somit
schlechter Tod gesehen. Dass sich dies in der schmalen Überlieferung durch-
setzte, wurde jedoch von Günthers ehemaligem Kontrahenten Karl IV. verhin-
dert. Der Luxemburger nutzte die Beisetzung des Schwarzburgers, um sich mit
dessen einstigen Wählern gutzustellen und sich als guter König zu stilisieren.
Dieses groß inszenierte Begräbnis vor den Augen vieler Fürsten sprach gegen
einen schlechten Tod und es entwickelte sich eine wohl von Frankfurt aus-
gehende Erzählung, die dem Arzt Freidank zuschrieb, den König mittels einer
Medizin vergiftet zu haben. Die lokale Frankfurter Überlieferung zeigt jedoch,
dass es sich hierbei wohl um erfundene Vorwürfe, die keine Folgen hatten,
handelte.
In den drei untersuchten Zeitabschnitten zeigt sich somit gleichermaßen,
dass die Situation im Herrschaftsgebiet nach dem Tod des Königs maßgeblich
die Sicht auf das Ereignis bestimmte. Nahezu jeder Chronist der Zeit gab seine
Einschätzung des Verstorbenen und durch die Schwerpunktlegung auch seine
Sicht der Zustände im Reich nach diesem Tod. Was Größe und Detailgrad der
Überlieferungen betrifft, ragen die von den Toden Friedrichs L, Friedrichs II. und
Heinrichs VII. berichtenden Quellen deutlich heror. Der Tod Friedrichs II.
kennzeichnet sich dabei nochmals durch den größten Variantenreichtum. Diese
besonderen Überlieferungen gehen dabei auf spezifische Entstehungskontexte
zurück: Der Tod Friedrichs I. auf dem Kreuzzug, die Polarisierung der Zeitge-
nossen durch den Konflikt Friedrichs II. mit dem Papsttum und die schändliche
Vergiftung beim Abendmahl. Gerade die herausragenden Fälle zeigen, dass sich
an den untersuchten Herrschertoden die Entwicklung des Reichs in der zeitge-
nössischen Wahrnehmung kontinuierlich punktuell ablesen lässt.
9.4. Auffälligkeiten in der zeitgenössischen Rezeption
Als übergeordnete Auffälligkeiten müssen zunächst verschiedene Formen re-
gionaler Ausbreitungen festgestellt werden. Einige hier untersuchten Überlie-
ferungen sind lokal sehr begrenzt. Dies trifft insbesondere bei den Königen
während des sogenannten Interregnums zu. Auch die Tode gegen andere Herr-
scher erhobener Könige, die scheiterten, wurden nur begrenzt wahrgenommen.
Der Tod eines Herrschers war somit nicht zwingend überregional von Interesse.
Die räumlich konzentrierten Überlieferungen weisen allerdings oftmals leben-
dige regionale Traditionen auf, wie die Quellen zu Heinrich Raspe oder beson-
ders zu König Wilhelm zeigen. Bei Heinrich VI., Heinrich (VII.), Friedrich II.,
Konrad IV. und Heinrich VII. konnten darüber hinaus bedeutende Unterschiede
in den Berichten nördlich und südlich der Alpen beobachtet werden. Dass eine
Deutung so mächtig sein konnte, dass sie auch überregional dominierte, ver-
deutlicht hingegen der Tod Friedrichs L, der von der gesamten Christenheit
ähnlich gesehen wurde. Dies kann mit den besonderen kommunikativen Be-
dingungen während des Kreuzzugs begründet werden.
 
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