Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0396

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
9.1. Das Interregnum

395

im Nachhinein zum Mythos des nicht verstorbenen, sondern entrückten Kaisers
führte.
Dass Friedrichs Sohn Konrad IV. nicht in diesem Ausmaß das Interesse der
Zeitgenossen gewann, legen die regionalen Unterschiede in der Überlieferung zu
seinem Tod nahe. Nördlich der Alpen wurde der Tod des Königs nicht besonders
ausgeprägt zur Kenntnis genommen, während die Schreiber südlich der Alpen
unter dem großen Einfluss einer Notiz des Martin von Troppau ein staufisches
Familiendrama schilderten: Konrad soll von seinem Halbbruder Manfred ver-
giftet worden sein. Neben dieser Todesursache ist auch eine Erkrankung breit
überliefert, so dass sich hier die Ambivalenz dieser Deutungen zeigt. Gerade
Chronisten südlich der Alpen nutzten die Möglichkeiten eines Todes durch
Fremdeinwirkung, um Manfred als schändlichen Giftmörder zu zeichnen.
Nördlich der Alpen wurde dies kaum rezipiert. Dieser Unterschied ergibt sich
aus den Kontexten der Reichsteile: Italien sah nach dem Tod Konrads die als
tyrannisch und unrechtmäßig wahrgenommene Herrschaft Manfreds, während
im Reich nördlich der Alpen mit König Wilhelm bereits ein neuer Herrscher
bereitstand.
9.2. Es starb kein König in der königslosen Zeit: Das Interregnum
Die Tode der Könige Wilhelm und Richard wurden im Reich nördlich der Alpen
kaum beziehungsweise nur sehr lokal zur Kenntnis genommen. Der Tod des
gewählten, aber nie gekrönten Alfons von Kastilien erfuhr hingegen gar keine
Rezeption. Dies ist zum einen mit den kaum aktiven Chronisten während dieser
vermeintlich königslosen Zeit zu erklären, zum anderen aber auch mit der später
von König Rudolf sehr einflussreich vertretenen Ansicht, er sei der erste König
seit den Staufern. Folgerichtig berichtete die davon beeinflusste, wieder auf-
kommende Historiographie auch nicht im Nachhinein von den königlichen
Toden in einer Zeit ohne Könige.
Dass vom Tod König Wilhelms auf seinem Feldzug in Friesland dennoch
Schilderungen bekannt sind, liegt an seiner Einbettung in den lokalen Konflikt
zwischen Holland und Friesland und dem Umstand, dass der Leichnam des
Königs im Feindesland verloren ging. Dies wurde von den Angehörigen als
Schande empfunden und in einer lokalen, aber sehr lebhaften historio graphi-
schen Tradition diskutiert. Dieser Tod durch Gewalteinwirkung wurde dabei
auffallenderweise nicht nur auf die Friesen, die den König erschlugen, sondern
auch oftmals auf seine Garde, die dies nicht verhindert habe, ausgedeutet. Die
Gebeine des Königs sollen 1282 von seinem Sohn heimgeholt und in Middelburg
bestattet worden sein, was auch Einfluss auf die historiographische Tradition
ausübte. Seit dem Fund eines Grabs in Middelburg im 19. Jahrhundert wird
diskutiert, ob es sich um die Gebeine des Königs handelt. Trotz äußerst um-
fangreicher Untersuchungen konnte diese Frage bislang allerdings nicht zwei-
felsfrei beantwortet werden.
Während der Tod König Wilhelms noch vereinzelt außerhalb der Grafschaft
Holland zur Kenntnis genommen wurde, scheint der Tod König Richards in
 
Annotationen