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Kamenzin, Manuel; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0381

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380

8. Sonderfälle

Fall richtete sich die narrative Strategie gegen das Ertrinken und relativierte den
Tod im Wasser.2226
In den zeitgenössischen Chroniken aus den am Kreuzzug beteiligten
christlichen Königreichen herrscht - trotz einzelner Stimmen mit kritischem
Unterton2227 - im großen und ganzen dieser Tenor vor: Der Kaiser starb auf dem
Kreuzzug einen ungewöhnlichen und beklagenswerten, aber keinesfalls
schlechten Tod. Wie eindeutig diese Urteile sind, zeigt sich durch den Abgleich
mit muslimischen Quellen. Der Großteil der hier exemplarisch untersuchten
arabischen Chronisten urteilte wie Tmäd ad-Din: „Es starb der Feind Gottes eine
sehr üble Todesart".2228 Der Tod Friedrichs I. zeigt somit deutlich auf, wie stark
die historiographischen Quellen von Vorstellungen guter und schlechter Tode
sowie dem Standpunkt des Chronisten bestimmt sind.
8.2. Ludwig IV., der Sturz vom Pferd und das Gift der Herzogin
Im Oktober 1347 verstarb Kaiser Ludwig IV.2229 Der Wittelsbacher war 1314 zum
römisch-deutschen König- und 1328 zum Kaisertum gelangt.2230 1324 wurde er
von Papst Johannes XXII. unter anderem aufgrund seines Engagements in
Oberitalien exkommuniziert.2231 Nördlich der Alpen ließ seine Hausmachtpolitik
Spannungen zwischen ihm und den Fürsten aufkommen, die 1346 zur Erhebung
Karls IV. führten. Die beiden Kontrahenten um das Königtum rüsteten sich
daraufhin zum Kampf,2232 als Ludwig IV. verstarb. Aus dieser Ausgangssituation
heraus entwickelten sich zwei Erzählvarianten zu seinem Tod, in deren Zentrum
der Sturz vom Pferd steht. Den Unterschied stellt dabei eine Giftmordzu-
schreibung dar.
Zeitpunkt und Art des Todes konnten in der Sicht der Zeitgenossen gegen
den Wittelsbacher sprechen: Der Tod direkt vor einer kriegerischen Auseinan-
dersetzung mit seinem Kontrahenten konnte als plötzlich und damit negativ
wahrgenommen werden.2233 Darüber hinaus konnte der plötzliche Tod als Par-
teinahme Gottes in dem Konflikt gesehen werden, umso mehr als Ludwig sich

2226 Siehe S. 367 Anm. 2158.

2227 Als Beispiel seien die Annales Stederburgenses genannt, siehe S. 370 Anm. 2171.

2228 Siehe S. 375 Anm. 2206.

2229 Auf die verbreitete, jedoch irreführende Bezeichnung „Ludwig der Bayer" wird hier verzichtet,
da es sich um eine zeitgenössische päpstliche Schmähung handelt, siehe Schneidmüller, Lud-
wig IV., S. 380. - Eine modernen Ansprüchen genügende, wissenschaftliche Biographie Lud-
wigs IV. ist ein Desiderat. Meist wird auf Thomas, Ludwig verwiesen, der zwar Quellen und
Literatur aufführt, jedoch auf Einzelnachweise verzichtet. Älter und in der Forschung weniger
geläufig, jedoch mit präziseren Nachweisen sind Hundt, Ludwig und Benker, Ludwig. Einen
kurzen Einblick bietet Clauss, Ludwig IV. Siehe auch Menzel, Zeit, S. 153-191.

2230 Zur Königswerdung Büttner, Weg, Bd. 1, S. 294-339. - Zum Kaisertum: Becker, Kaisertum.

2231 MGH Const. 5, Nr. 881, S. 692-699. Siehe hierzu Benker, Ludwig, S. 126; Hundt, Ludwig, S. 137f.;
Clauss, Ludwig IV, S. 52-60; Kaufhold, Vergessen; Mersch, Eigensinn.

2232 Hierzu Büttner, Weg, Bd. 1, S. 339-357.

2233 Siehe Kapitel 4.3.2., Abschnitt „Plötzlichkeit".
 
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