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Kamenzin, Manuel; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0062

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4.3. Die Anzeichen guter und schlechter Tode

61

eine spezifische Königsgrab lege etablieren konnte. Der Speyerer Dom kam unter
den Saliern als Grabeskirche auf, wurde aber bereits von Lothar III. zugunsten
seiner eigenen Gründung Königslutter abgelehnt. Was die Beisetzungsfeier-
lichkeiten angeht, muss ein ähnliches Urteil wie bereits zu den Überführungen
gefällt werden: Nur in den wenigsten Fällen sind Details überliefert. Der Großteil
der zeitgenössischen Chronisten begnügte sich damit, die Bestattung - und
damit ein Anzeichen eines guten Todes - zu notieren, ausführliche Schilderun-
gen müssen als Sonderfälle gelten und daher genauer auf ihre Entstehungsum-
stände hin geprüft werden.
Die Bilanz naturwissenschaftlicher Untersuchungen von Herrschergeb einen
ist gleichermaßen ernüchternd: Trotz der beeindruckenden Ergebnisse von
DNA-Analysen großer Gruppen und dem großen öffentlichen Interesse, das
diese vermeintlich ,exakten' Verfahren auf sich ziehen,276 bleibt deren Ertrag in
Bezug auf einzelne ausgewählte Personen gering. Einschränkende Faktoren sind
der Überlieferungsweg der Gebeine an sich und die vom Zeitpunkt abhängige
Qualität der naturwissenschaftlichen Untersuchung. Doch auch bei idealen
Fällen muss darauf hingewiesen werden, dass kaum eine Krankheit Spuren an
den Knochen hinterlässt.277
4.3. Die Anzeichen guter und schlechter Tode
Im Folgenden werden die in den bislang behandelten Schilderungen ausge-
machten Anzeichen sowie ihre Verwendung in narrativen Strategien gesammelt
und um bereits in der Forschung bekannte Formen ergänzt. Die Anzeichen sind
nicht unabhängig voneinander, vielmehr stehen sie oftmals im Wechselspiel
miteinander. Als übergeordnete Faktoren können Ort, Zeit sowie Ursache und/
oder Art des Todes ausgemacht werden. Ergänzt werden muss dies durch un-

276 Zur Zusammenarbeit von Mediävisten und Genetikern: Feuchter, Migrationen; ders., Why;
ders., Middle Ages; Geary, Identity. Aufsehen erregte auch die Untersuchung von Genmaterial
aus Gebeinen, die aus einem Massengrab im heutigen Libanon stammen. Hierdurch konnte
gezeigt werden, dass der Einfluss der Kreuzfahrer auf den lokalen Genpool vergleichsweise
gering war, Haber u. a., Pulse.

277 Siehe S. 32 Anm. 105. - Beeindruckend sind die Ergebnisse durch Untersuchungen an den 2012
gefundenen Gebeinen des englischen Königs Richard III.: Es konnte nicht nur nachgewiesen
werden, dass der König eine in ihm kritisch gegenüberstehenden Quellen genannte körperliche
Einschränkung wohl tatsächlich in geringem Maß aufwies (Appleby u. a., Scoliosis), sondern
auch, dass sich seine Ernährung im Laufe seines Lebens hin zu mehr Wein und mehr Speisen
änderte (Lamb u. a., Multi-Isotope Analysis). Es konnte darüber hinaus auch wahrscheinlich
gemacht werden, dass der König im Verlauf der Schlacht von Bosworth 1485 tatsächlich seinen
Helm verloren oder abgenommen hatte. An den Überresten konnten drei Verletzungen aus-
gemacht werden, die den Tod verursacht haben könnten, Appleby u. a., Trauma. Dieses Ausmaß
an Informationen liegt sowohl im Erhaltungszustand der Gebeine als auch im betriebenen
Aufwand begründet. Untersuchungen in diesem Ausmaß wurden bei den hier behandelten
Herrschern lediglich an den Gebeinen Friedrichs II. und (vermeintlichen) Überresten König
Wilhelms vorgenommen, allerdings mit geringerem Erkenntnisgewinn, siehe hierzu die Kapitel
A 1.1.4. und A 1.1.10.
 
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