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Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0220

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6.12. Fallstudie III / Friedrich der Schöne

219

chem Ausmaß kolportierte wie den Giftmordvorwurf, bleibt dieser doch letztlich
bestehen. Der Vorwurf an die Dominikaner war somit auf lange Sicht wichtiger
als das Seelenheil des Kaisers. Aus dem Giftmordtopos, der zwar bereits kurz
nach dem Tod des Kaisers in Italien aufgekommen war, jedoch erst von den
Chronisten nördlich der Alpen zur Deckung des entstandenen Erklärungsbe-
darfes ausgestaltet und weiter verbreitet wurde, wurde somit ein folgenreicher
Vorwurf, der über Jahrhunderte immer wieder gegen die Dominikaner ins Feld
geführt wurde.
6.12. Friedrich der Schöne: Von Eiden, Würmern und Gift.
Zugleich: Fallstudie III: Transformationen eines Motivs vom
Altertum bis zur Neuzeit
Wie einleitend herausgearbeitet, beruhten die mittelalterlichen Vorstellungen
von guten und schlechten Toden auf einer Mischung von spätantikem Schrifttum
und christlichen Glaubensvorstellungen.1272 Diese beiden Rezeptionsstränge
verliefen nicht immer streng voneinander getrennt, sondern konnten sich
durchaus kreuzen. Im Folgenden wird eine solche Entwicklung von der Antike
bis zur Neuzeit nachverfolgt. Es handelt sich dabei um eine Vorstellung, die
sowohl historio graphischen als auch medizinischen Schriften entstammt und
mit dem christlichen Topos eines göttlichen Straftodes vermischt wurde. Bis in
die Neuzeit wurde sie aber auch immer wieder als medizinische Diagnose be-
müht. Gemeint ist die teilweise als Phtiriasis oder Skolekosis, aber auch als
,Würmer'- oder ,Läusekrankheit/Läusesucht' bezeichnete Vorstellung, dass sich
Würmer oder Läuse unter der Haut eines Erkrankten bilden und ihn von innen
heraus aufzehren.
Diese Vorstellung ist in einer langen Quellentradition dokumentiert. Die
Zeugnisse finden sich vom Altertum bis ins 19. Jahrhundert.1273 Es existiert auch
eine reiche Forschungstradition, die bis heute anhält.1274 Die mittelalterliche
Rezeption wurde dabei jedoch bislang nur marginal behandelt. Mittels dreier
Beispiele wird sie daher hier skizziert und mit den Zeugnissen aus dem Altertum
in Bezug gesetzt. Im Mittelpunkt stehen Arnulf von Kärnten, Friedrich II. und
Friedrich der Schöne, deren Tode allesamt von zeitgenössischen Chronisten mit
der Läuse- oder Würmer krankheit in Verbindung gebracht wurden. Während es
sich bei Arnulf von Kärnten und Friedrich II. jedoch um Zuschreibungen jeweils
eines Chronisten handelt, ist die Überlieferung zum Tod Friedrichs des Schönen

1272 Siehe Kapitel 4.1.

1273 Zwinger, Theatrum, S. 525 f. bietet eine Zusammenstellung bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts.

1274 Steinacher, Läusesucht liefert die beste, jedoch nicht lückenlose Zusammenstellung, weiterhin
Nestle, Legenden; Bondeson, Phtiriasis; ders., Lussjukan; Husemann, Kaiser Arnulf; Friedrich,
Tod; Schamp, La mort; Stubby, Phthiriasis; Gauger, Tod; Evans, Death, S. 69-71; Dobschenzki,
Opfern, S. 113-115; Bahmer/Eckert, Phthiriasis. Aus der Sicht eines Zoologen, jedoch ebenfalls
mit Ausführungen zur Rezeption Oudemans, Phthiriasis. Ein bislang nicht bekanntes Text-
zeugnis führt Hermann, Krankheiten an.
 
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