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Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0020

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1.2. Tod (des Königs)

19

mittelalterliche Chronisten in ihren Werken konstruierten und wie sich zeit-
genössische Ansichten und Interessen darin niederschlugen.22 Prominent äu-
ßerte sich dies in der durch Gerd Althoff gestellten Frage nach der causa scribendi,
der Schreibintention, die aufzeigt, wie sehr die jeweilige Gegenwart und die
Darstellungsabsicht des Verfassers die niedergeschriebene Geschichte beein-
flusst.23
Es wurde somit bereits mehrfach aufgezeigt, dass auch nachweislich,falsch'
dargestellte Sachverhalte in chronikalischen Texten für eine Interpretation
fruchtbar gemacht, anstatt als widersprüchliche Überlieferung aussortiert wer-
den können.24 Wie narrative Strategien in chronikalischen Quellen zur Be-
schreibung spezifischer Personen genutzt wurden, hat Klaus Oschema 2004 in
einer Fallstudie aufgezeigt.25 Klaus van Eickels und Bernd Schneidmüller haben
die Tode einzelner römisch-deutscher Herrscher in der chronikalischen Über-
lieferung auf narrative Strategien zur Darstellung guter oder schlechter Tode hin
unter sucht.26 Die hier zur Anwendung kommende Weiterentwicklung dieses
Zugriffs für die vorliegende Untersuchung wird in Kapitel 3 geschildert.
1.2. Tod (des Königs)
Die Tode der Könige waren in gewisser Hinsicht seit jeher Bestandteil einer
Beschäftigung mit dem Mittelalter. Bereits im 15. Jahrhundert wurden ver-
schiedene Zeugnisse zum Tod Heinrichs VII. gesammelt und mit ihnen argu-

22 Goetz, Mediävistik (1999), S. 268. - Dass es sich abseits von den verschiedensten ,turns' der
geschichtswissenschaftlichen Methodendiskussion bei den hier aufgeworfenen Fragen nach
Verfasserintention, Kontext und Darstellung sowie zeitgenössischen Bezügen oder Textüber-
nahmen um grundlegende Verständnisfragen zu historiographischen Quellen handelt, zeigt die
Studie von Tremp, Worte (1992), die aus Arbeiten an einer Quellenedition entstand.

23 Althoff, Causa scribendi (1988).

24 Beispielhaft sei auf die Geschichtskonstruktion Widukinds von Corvey hingewiesen, immer
noch grundlegend hierzu Beumann, Widukind (1950).

25 Oschema, Perte (2004).

26 van Eickels, Tod (2001, siehe hierzu S. 26 Anm. 76). Schneidmüller, Canossa (2006). Siehe Ka-
pitel 1.2. - Neben dieser Ausrichtung sind die Arbeiten von Grundmann, Geschichtsschreibung
(1965) und darauf aufbauend Goetz, Geschichtsschreibung (22008) als grundlegend für diese
Untersuchung zu betrachten. Da hier neben historiographischen Notizen vor allem als „Schil-
derungen" bezeichnete Formen kurzer Erzählungen untersucht werden (siehe hierzu S. 31 f.),
sind die Studien von Graus, Herrschersagen (1969), Treichler, Erzählungen (1971), Kleinschmidt,
Herrscherdarstellung (1974) und Kortüm, Typologie (1997) als Ausgangsposition für die gat-
tungsspezifische Erforschung zu sehen. Ebenso unverzichtbar sind die Arbeiten Franke, Hein-
rich VII. (1992), Sommerlechner, Stupor mundi (1999) und Krieg, Herrscherdarstellung (2003)
zur Darstellung einzelner hier behandelter Herrscher in der Historiographie, um die Aus-
gestaltungen der Tode breiter einbetten zu können. - Zu Verwendung narrativer Strategien in
mittelalterlicher Historiographie siehe die Beiträge in Erzählen, hg. Knapp/Niesner (2002). Zur
übergeordneten Methodendiskussion Jannidis, Narratology (2003), als Einstieg Fludernik, Er-
zähltheorie (32010).
 
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