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Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0179

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178

6. Tod ohne Gewalteinwirkung

nannten Zuschreibungen anzusehen, dass nahezu alle Quellen von einer
Krankheit sprechen, die den Giftmordanschlag erst ermöglicht haben soll.
Die Überlieferung zum Tod Konrads IV. zeigt somit in erster Linie den au-
ßerordentlichen Erfolg einer Notiz: Die Giftmordzuschreibung war wohl bereits
verbreitet, als Martin von Troppau sein Werk verfasste, dies beweisen die
Chronica majora des Matthaeus Parisiensis. Doch die Formulierung Martins von
Troppau beeinflusste nahezu die gesamte weitere Überlieferung. Die Schilde-
rungen des Thomas Tuscus und Saba Malaspina gingen von dieser Notiz aus und
erweitern sie in ihrem Sinne. Ein großer Teil der Notizen sind wörtliche Über-
tragungen oder Übersetzungen. Diese große Präsenz des Giftmords führte dazu,
dass der Tod Konrads IV. kaum genutzt wurde, um ein Urteil über den König zu
sprechen, vielmehr sind seine Mörder im Fokus. Die historiographischen Quel-
len zum Tod Konrads IV. sind somit geprägt von diesem Merkmal des Todes
durch Fremdeinwirkung. Wie auch bei den Toden Heinrichs (VII.) oder König
Adolfs kündet die Überlieferung zum Tod Konrads IV. somit von dem großen
Stellenwert, der dem Tod eines Königs in den Augen der zeitgenössischen
Schreiber als Vorwurf zukam.
6.9. König Alfons und König Richard: Fremd im eigenen Reich
Nach dem Tod König Wilhelms 1256 kam es 1257 zu einer Doppelwahl: Zunächst
wurde Alfons X. von Kastilien, der Sohn einer Tochter Philipps II., von einem
Vertreter der Stadt Pisa zum römisch-deutschen König gewählt. Dieser Wahl
schlossen sich später Gesandte der Stadt Marseille an und Alfons erhielt zudem
Unterstützung vom französischen König Ludwig IX.1002 Um den französischen
Einfluss einzudämmen, betrieb Heinrich III. von England daraufhin die Wahl
seines Bruders Richard von Cornwall zum römisch-deutschen König. Haupt-
sächlich durch Geldzahlungen gelang es ihm, seinem Bruder die Kurstimmen
des Mainzer und des Kölner Erzbischofs sowie des Pfalzgrafen bei Rhein zu
sichern. Im April 1257 kam es zur Doppelwahl. Auf Alfons von Kastilien einigten
sich der Erzbischof von Trier, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von
Brandenburg sowie der König von Böhmen. Richard wurde von den oben ge-
nannten gewählt. Er reiste im Gegensatz zu Alfons ins Reich und wurde noch im
selben Jahr in Aachen gekrönt.1003
Auch wenn Alfons von Kastilien weiterhin Urkunden als Alfonsus dei gratia
Romanorum rex semper Augustus ausstellte,1004 war die Doppelwahl durch sein
Nichterscheinen faktisch entschieden. Nach dem Tod König Richards versuchte
der Kastilier nochmals, die Königskrone für sich zu gewinnen, doch die Kur-
fürsten wählten Rudolf von Habsburg zum neuen König. Als Alfons auch von

1002 Siehe hierzu Kaufhold, Deutsches Interregnum, S. 36-43 sowie die klassische Arbeit Busson,
Doppelwahl. Zur Wahl durch Pisa siehe RI V,l,2, Nr. 5484; zur Wahl durch Marseille siehe
RI V,l,2 Nr. 5488. Zu Alfons X. von Kastilien: Schoen, Alfons X.

1003 Siehe hierzu Büttner, Weg, Bd. 1, S. 188-203.

1004 Schwab, Kanzlei, S. 569.
 
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