Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0123

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
122

6. Tod ohne Gewalteinwirkung

gibt, die die bekannte negativ konnotierte Todesursache in diesem Sinne aus-
deutet, muss auf die Strahlkraft dieser Sterbevorbereitungen zurückgeführt
werden. Schließlich zeigt die gesamte Überlieferung, dass der größere Teil von
einer Lösung aus dem Bann spricht. Vollkommene Deutungshoheit wurde nicht
erreicht, denn auch die gegenteilige Meinung ist überliefert. Angesichts der
Ausgangssituation ist dieser Befund jedoch erstaunlich und zeigt eindrucksvoll
die Reichweite von Sterbevorbereitungen auf, wenn sie aufwendig inszeniert
wurden. Letztendlich muss hier jedoch von Erfolg in begrenztem Raum ge-
sprochen werden, da der Tod Ottos IV. insgesamt nur in einer vergleichsweise
kleinen Überlieferung diskutiert wurde.
6.5. Heinrich Raspe: Geschlagen als König, unbeliebt in der Heimat
Im Februar 1247 starb König Heinrich Raspe auf der Wartburg.626 Er war auf
Betreiben Papst Innocenz' IV. 1246 gegen Konrad IV. und somit auch gegen
dessen Vater Friedrich II. in Veitshocheim zum König gewählt worden. Eine
Krönung empfing er nie.627 Zuvor stand er allerdings auf der Seite der Staufer:
Als einer der wenigen Fürsten war er bei der Wahl Konrads IV. 1237 anwesend.
Seit 1240 konnte er seinen Einfluss stetig ausbauen und wurde 1242 von Fried-
rich II. zum Reichsverweser und damit zum Vorsteher der Vormundschaftsre-
gierung Konrads IV. ernannt.628 Bereits 1243 wechselte Heinrich Raspe allerdings
offen in das kirchlich-päpstliche Lager um die Erzbischöfe von Köln und
Mainz,629 die drei Jahre später zu seinen Wählern zählten.
Sein kurzes Königtum war geprägt von Anstrengungen, sich gegen Kon-
rad IV. durchzusetzen: Im August 1246 gelang es ihm, dem Staufer bei Frankfurt

626 Der Beiname „Raspe" ist seit Heinrich Raspe I. (t 1130) ein Leitname der Ludowinger. Der hier
behandelte König war als Landgraf von Thüringen der Vierte dieses Namens, siehe zum Namen
Malsch, Heinrich, S. 11 Anm. 3. In seinen Urkunden und Briefen als König bezeichnet er sich
durchgehend als Henricus rex ohne Beinamen oder Ordnungszahl, siehe MGH DD HR, Nr. 1-16,
S. 3-20. Es kann vermutet werden, dass er keine Ordnungszahl führte, um sich von den Staufern
abzugrenzen, da er ansonsten an Heinrich VI. oder Heinrich (VII.) angeknüpft hätte (Einzig
Siegfried von Ballhausen, Historia unversalis, S. 704 bezeichnet ihn als Heinricus VII.). Ange-
sichts dieser Gemengelage erscheint das Beibehalten der geläufigen Bezeichnung „Heinrich
Raspe" hier als die gangbarste Lösung, da es sich um einen zeitgenössisch geführten und nicht
negativ konnotierten Beinamen handelt. - Maßgeblich zu Heinrich Raspe in Ermangelung
neuerer biographischer Werke Malsch, Heinrich. Deutlich ausgewogener und ausführlicher,
jedoch nicht mit biographischer Ausrichtung Werner, Reichsfürst sowie weniger ausführlich
ders., Landgraf. Einen kurzen Einblick bietet Kaufhold, Könige, S. 323-327.

627 Zur Wahl siehe RI V,l,2 Nr. 4865d, Erkens, Kurfürsten, Anhang 6, S. llOf. sowie Reuling, Lyon
und Hillen, Rex Clericorum. - Die Umstände, die zur Königserhebung führten, zeigen sich
eindrücklich an einer Goldbulle Heinrich Raspes aus dem Jahr 1246: Auf der Rückseite finden
sich die Häupter der Apostel Petrus und Paulus, den päpstlichen Bleibullen nachempfunden,
siehe hierzu Petersohn, Heinrich Raspe.

628 Siehe hierzu Werner, Reichsfürst, S. 193-195. Heinrich Raspe wird erwähnt im Wahldekret
Konrads IV MGH Const. 2, Nr. 329, S. 440, hierzu Erkens, Kurfürsten, Anhang 5, S. 109.

629 Werner, Reichsfürst, S. 219-235.
 
Annotationen