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Kamenzin, Manuel; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0404

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11. Zentrale Thesen

403

gnosen herangezogen werden, heißt dies, dass die Strategie der betreffenden
Schreiber nach Jahrhunderten noch aufgeht. Eine zutreffende Aussage über
Todesursachen kann so allerdings nicht getroffen werden.
Durch den gewählten Zugriff lassen sich somit auf Grundlage historiogra-
phischer Quellen zentrale Eigenheiten der behandelten Herrschertode referen-
zieren - allerdings keine konkreten Details zum Hergang oder der Ursache,
sondern ihr Platz und Stellenwert in der Vorstellungswelt der Zeitgenossen. Dies
wird nicht nur den Eigenschaften dieser Quellengattung in größerem Ausmaß
gerecht, sondern bietet auch mehr Anknüpfungspunkte für weitere Fragestel-
lungen als vermeintliche Ereignisverläufe und Diagnosen auf tönernen Füßen.

11. Zentrale Thesen
1. Das überlieferte Quellenmaterial erlaubt keine retrospektiven Diagnosen.
Die mittelalterliche Historiographie, die Quellengattung mit den meisten Ein-
zelinformationen zum Untersuchungsgegenstand, lässt sich für restrospektive
Diagnosen nicht fruchtbar machen. Die Details, die bislang für solche Versuche
herangezogen wurden, sind vielmehr Bestandteile unterschiedlicher narrativer
Strategien einzelner Chronisten, um einem spezifischen Herrscher einen guten
oder einen schlechten Tod zuzuschreiben. In früheren Zugriffen wurden gerade
Chroniken mit einem großen Ausmaß an vermeintlich verwertbaren Details für
eine Diagnose herangezogen. Diese Untersuchung schließt hingegen mit der
Feststellung, dass viele Einzelheiten eher auf eine narrative Uberformung hin-
deuten, denn auf Realitätsnähe.2304 Testamente, Urkunden und Briefe können
ebenfalls nicht zur Bestimmung der Todesursache herangezogen werden. Eine
Diagnose auf der Grundlage schriftlicher Quellen ist somit nicht möglich. Die
Forschungsliteratur zu den römisch-deutschen Herrschern nach dem hier un-
tersuchten Zeitraum legt nahe, dass sich dieses Ergebnis mit wenigen Ausnah-
men übertragen lässt.2305

2304 Siehe hierzu Kapitel 1.1. Eine Auflistung der den hier untersuchten Herrschern attestierten
Todesursachen findet sich S. 28 Anm. 95.

2305 Zur Todesursache Karls IV. geben die schriftlichen Quellen keinen Aufschluss, siehe Meyer,
Königs- und Kaiserbegräbnisse, S. 100 (zur Diagnose einer Lungenentzündung auf Grundlage
der Gebeine siehe S. 404 Anm. 2306). Zu König Ruprecht lässt sich aus den Quellen lediglich eine
unbestimmte Schwäche erkennen, Huthwelker, Tod, S. 96 f. Die Todesursache Jobsts von
Mähren ist unbekannt, Meyer, Königs- und Kaiserbegräbnisse, S. 127. Zu König Wenzel wird in
einigen Quellen ein Schlaganfall nahegelegt, es wird jedoch ebenfalls von einem Mord durch das
eigene Gefolge als Gerücht berichtet. Die Überlieferung ebd., S. 135 Anm. 9/10. Kaiser Sigismund
wird seit Ebstein, Krankheit auf der Grundlage einer Nennung bei Aeneas Silvius Piccolomini
und in einem Brief Bischofs Georg von Vieh „Altersbrand" als Todesursache zugeschrieben, was
angesichts der restlichen Überlieferung (siehe hierzu Meyer, Königs- und Kaiserbegräbnisse,
S. 146, der allerdings Ebstein folgt) sicherlich zu überdenken ist. Albrecht II. ist möglicherweise
als Ausnahme zu betrachten, da der Bericht der Helene Kottannerin unparteiisch erscheint und
von einer Ruhrerkrankung berichtet. Das Rückführen dieser Erkrankung auf den Genuss von
 
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