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Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0132

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6.6. Friedrich II.: Die vielen Tode des strittigen Kaisers

131

ein ebenfalls negatives Bild vor. Als König wurde er somit als geschlagen
wahrgenommen, während er in seinen eigenen Stammlanden im Nachhinein
negativ beurteilt wurde. Diese Umstände sorgten für ein beachtliches Ausmaß
an negativen Zuschreibungen an den zum König aufgestiegenen Landgrafen.
6.6. Friedrich II.: Die vielen Tode des strittigen Kaisers
Im Dezember 1250 verstarb Friedrich II. in Apulien, nach 52 lahren Herrschaft als
König von Sizilien, 38 lahren als römisch-deutscher König, 30 als Kaiser und 25
als König von lerusalem.684 Der letzte staufische Kaiser polarisierte zu Lebzeiten
in einem Ausmaß, welches das Bild seines gleichnamigen Großvaters bei dessen
Zeitgenossen noch übertraf. Friedrich löste große Diskussionen aus und war
Gegenstand vieler Streitigkeiten, was zu einer umfangreichen Überlieferung
zum Leben des Kaisers führte. Die Konflikte mit dem Papsttum verursachten,
besonders im Vorfeld des Konzils von Lyon, einen Anstieg publizistischer
Quellen, wie zuletzt in den Hochphasen des Investiturstreits.685 In den letzten
lahren seines Lebens sorgten die erneute Exkommunikation, die Absetzung
durch den Papst und die militärische Niederlage bei der Belagerung von Parma
für ein auf geheiztes Klima. Durch die große Aufmerksamkeit sammelten sich
unterschiedlichste Zuschreibungen zu seiner Person an, vom Friedenskaiser bis
zum größten Verfolger der Kirche.686 Dies betraf auch bereits zu Lebzeiten seinen
Tod: Das Ende des Staufers wurde im Vorfeld vorhergesagt, datiert und mit
Bedeutung aufgeladen.
Die Überlieferung zu Sterben und Tod Friedrichs II. ist folglich sehr groß und
facettenreich. Das Testament des Kaisers gibt Aufschluss über das unmittelbare
Vorfeld des Todes, während Briefe vom anschließenden Nachhinein berichten. In
einer großen Anzahl historiographischer Notizen und Schilderungen entwi-
ckelten sich innerhalb kurzer Zeit verschiedene elaborierte Varianten, die durch
ihre gegensätzlichen Details und Deutungen von der Spannweite der Zu-
schreibungen zeugen.687 Trotz des immensen Interesses, das dem Staufer nahezu

684 Die maßgebliche Biographie zu Friedrich II. ist Stümer, Friedrich II. Rader, Friedrich II. betont
dezidiert die sizilianische Perspektive. - Ergebnisse aus diesem Kapitel habe ich am 1.7.2019
unter dem Titel „Wonder of the World or Blasphemous Sinner? The Many Deaths of Frederick II
in Contemporary Historiography" auf dem International Medieval Congress (Leeds, UK) vor-
gestellt. Ich danke für Diskussionen und Rückmeldungen.

685 Siehe die klassische Arbeit Graefe, Publizistik sowie Herde, Activities.

686 Siehe die Zusammenstellung bei Sommerlechner, Stupor mundi, S. 419-485. Zur Position des
Kaisers zur Kirche: Herde, Friedrich II.; Schwarz, Reichsbegriff; Ullmann, Reflections; Powell,
Frederick II.

687 Zur Gesamtüberlieferung siehe RI V,l,l Nr. 3835a sowie die Zusammenstellung bei Sommer-
lechner, Stupor Mundi, S. 461-468. - Zur Einteilung der historiographischen Überlieferung in
Notizen und Schilderungen siehe Kapitel 3. Es sind drei Miniaturen vom Tod des Kaisers be-
kannt: Giovanni Villani, Chronik (Rom, BAV, MS Chigiano LVIII296, f. 84r); Martin von Troppau
(deutsch) (Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. Germ. 149, f. 213r); Giovanni Boccaccio,
De Casibus Virorum Illustrium (Paris, BnF, Frangais 232, f. 330v).
 
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