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Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0154

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6.7. Fallstudie II: Friedrich II., Matthaeus Parisiensis und eine berühmte Notiz

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den Überlieferungen führten, um später im mythisch entrückten Kaiser vereint
zu werden. Friedrich II. hatte gehofft, dass seine Söhne seine Herrschaft wei-
tertragen würden und er dadurch auch nach seinen Tod weiterleben könne. Dies
trat nicht ein, seine Söhne überlebten ihn nur kurz und mit dem Tod seines
Neffen Konradin 18 Jahre nach dem Tod des Kaisers endete der letzte Versuch,
ein staufisches Königtum wieder zu errichten. Der Eindruck, den Friedrich II.
erwecken wollte, dass er selbst weiterleben würde, blieb allerdings: Als ent-
rückter Hoffnungsträger wurde der Staufer unsterblich.
6.7. Fallstudie II: „Der größte unter den Fürsten, das Staunen und der
wunderbare Verwandler der Welt". Friedrich II., Matthaeus Parisiensis
und eine berühmte Notiz
„Um diese Zeit aber starb Friedrich [II.], der größte unter den Fürsten
der Erde, das Staunen und der wunderbare Verwandler der Welt,
losgesprochen vom Urteil [der Exkommunikation], das ihn band,
nachdem er, wie man sagt, das Ordensgewand der Zisterzienser an-
gelegt hatte, in wunderbarer Weise zerknirscht und demütig."819
Diese Zeilen aus den Chronica majora des englischen Benediktiners Matthaeus
Parisiensis stellen die wohl berühmteste mittelalterliche Notiz zu Sterben und
Tod eines römisch-deutschen Königs dar. Besonders die Bezeichnung „Staunen
der Welt" (stupor mundi) ist weit über die Fachwelt hinaus zu einem Synonym für
Friedrich II. geworden.820 Auch innerhalb der Mediävistik avancierte die Zu-
schreibung immer wieder zum sinnstiftenden Titel.821 Die zweite Zuschreibung -
„Verwandler der Welt" (immutator mundi) - wurde ebenfalls bereits zu diesem
Zweck herangezogen.822 Der Tod in der Mönchskutte schließlich fehlt in kaum
einer Schilderung von den letzten Stunden Friedrichs II.823 Dabei wird in der

819 Matthaeus Parisiensis, Chronica majora, Bd. 5, S. 190: Obiit autem circa eadem tempora principum
mundi maximus Frethericus, stupor quoque mundi et immutator mirabilis, absolutus a sententia qua
innodabatur, assumpto, ut dicitur, habitu Cisterciensium, et mirifice compunctus et humiliatus. Über-
setzung: van Eickels/Brüsch, Friedrich II., S. 426.

820 Kaum ein populärer oder populärwissenschaftlicher Beitrag kommt ohne diese Zuschreibung
aus. Als kleine Blütenlese sei hingewiesen auf das „Mittelalter-Kontor Stupor Mundi" in Lim-
burg an der Lahn, auf die Züchtung einer italienischen Windhundrasse unter dem Namen
„Stupor Mundi" und auf die Graphic Novel Nejib, Stupor Mundi, in der Friedrich II. von jedem
als „Stupor Mundi" angesprochen wird.

821 Bspw. Stupor mundi, hg. Wolf; Staunen der Welt, hg. Koch; die deutsche Übersetzung von
Masson, Frederick II erschien ebenfalls unter dem Titel „Staunen der Welt" (Tübingen 1958) oder
die Darstellung zum Castel Fiorentino, dem Sterbeort Friedrichs II., mit der Zuschreibung „Hic
obiit Stupor Mundi" im Titel, Fiore, Stupor Mundi.

822 Der Untertitel von van Cleve, Emperor lautet „Immutator mundi".

823 Schaller, Friedrich IT, S. 83; ders., Kaiser, S. 66; ders., Frömmigkeit, S. 144; Kantorowicz, Friedrich
der Zweite, S. 525; Stümer, Friedrich IT, Bd. 2, S. 590; Masson, Frederick II, S. 353; Cassady,
Emperor, S. 416; Nette, Friedrich IT, S. 134; Wies, Friedrich II., S. 278; Sibylle/Rösch, Friedrich IT,
S. 166; Engels, Staufer, S. 183; Goez, Einstellung, S. 166; Borst, Zusammenfassung, S. 395. Dif-
ferenzierter: Houben, Friedrich II., S. 96 f.; van Cleve, Emperor, S. 528; Rotter, Friedrich IT, S. 153;
 
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