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Kamenzin, Manuel; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0153

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152

6. Tod ohne Gewalteinwirkung

sehe Friedrich', der in den südlichen Gebieten auftrat, sich mit seinen Anhängern
in den Bergen des Ätna verborgen hielt.817 Mit der Vorstellung von Friedrich II.
im Berg wurde der Staufer in eine lange Reihe entrückter Herrscher gestellt, die
eines Tages wiederkehren sollten. Damit ist der letzte Baustein, der wartende
Herrscher, gefunden.
Der Mythos vom entrückten Kaiser, der auf Rückkehr wartet, entstand somit
zunächst aufgrund der Überraschung, die der Tod des Kaisers auslöste. Nicht
alle Zeitgenossen waren bereit, den Nachrichten vom Tod des Kaisers Glauben
zu schenken. Seine Herrschaft dauerte, besonders im Süden, durch seine Söhne
auch weiter an. Hier ließ sich eine weiterdauernde Herrschaft auch mit den
Zuschreibungen im Vorfeld in Einklang bringen, waren doch eine Prophezeiung,
die Friedrichs Tod auf 1260 ankündigte und auch die Nutzung der Vorstellung,
dass der Kaiser durch seine Söhne weiterleben würde, hier besonders verbreitet.
Aufgrund des Informationsflusses über die Alpen wurde der Verstorbene im
Norden immer weiter entrückt, bis es hieß, er sei nicht verstorben, sondern habe
das Reich verlassen. Ausgehend hiervon war es nur noch ein kleiner Schritt,
Friedrich II. in die Nähe mystischer Herrscher zu stellen, wie Dietrich von Bern.
Ob nun Theoderich, Arthur oder Friedrich II. - diese Herrscher wurden alle
wartend in Bergen verortet, als Sehnsuchtsfiguren, die eines Tages wiederkehren
und ihre Herrschaft wiedererrichten würden. Der Mythos um den toten Fried-
rich II. ist somit das Ergebnis der Stilisierungen und Eschatologisierungen des
Kaisers im Vorfeld, der Überraschung über den Todeszeitpunkt und der spezi-
fischen Rezeptionen des Todes im Süden und Norden sowie des Zusammen-
spiels der vielen Varianten vom Tod dieses Kaisers.
6.6.4. Fazit
Die genauen Umstände vom Tod Friedrichs II. lassen sich nicht herausarbeiten.
Die Quellen sind hierfür zu widersprüchlich und von Stilisierungen verformt.
Die unterschiedlichen Zuschreibungen zeugen von der großen Aufmerksamkeit,
die dem Kaiser zukam und den unterschiedlichen Kontexten, in welchen er
gesehen wurde.818 Daraus entstand eine Variantenfülle, die innerhalb dieser
Untersuchung ihres Gleichen sucht. Es lässt sich jedoch nachverfolgen, wie die
unterschiedlichen Erwartungshaltungen und weiteren Ereignisse südlich und
nördlichen der Alpen zunächst zu unterschiedlichen Schwerpunktlegungen in

noch der Anfang von Hartmanns ,Iwein' feierlich anklingen lässt. Auch die Sage von Arthurs'

Fortleben im Ätna bedeutet offenbar Verherrlichung, nicht Verdammung." - Möhring, Welt-

kaiser, S. 224 f. sieht den Eintritt Friedrichs II. als nicht verbunden mit einer Hoffnung auf

Wiederkehr des Kaisers.

817 Struve, Friedriche, S. 318.

818 Sommerlechner, Stupor mundi, S. 468 ist sicherlich im Recht, wenn sie zwischen den „Mustern"
vom guten Tod (in ihren Worten „der vorbildhafte Tod des Fürsten"/aber auch „der Tod des
Kaisers als bekehrtem Sünder") und dem schlechten Tod (in ihren Worten „der Tod des impius")
unterscheidet. Im größeren Vergleich mit anderen Überlieferungen ist dies jedoch nicht die
Besonderheit der Quellen zum Tod Friedrichs II.
 
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