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Kamenzin, Manuel; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0221

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6. Tod ohne Gewalteinwirkung

davon in größerem Ausmaß geprägt. Das folgende Kapitel stellt daher glei-
chermaßen die Untersuchung zum Tod Friedrichs des Schönen und eine Fall-
studie zum Motiv des göttlichen Straftodes durch Würmer/Läuse dar.
6.12.1. Autoritäten aus dem Altertum
Die früheste bekannte Erwähnung eines Todes durch Würmer findet sich bei
Herodot. Sie ist eingebunden in eine Erzählung um die Königin Pheretime von
Kyrene (6. Jhd. v. Chr.): Nach dem Mord an ihrem Sohn in der Stadt Barka soll die
Königin Rache genommen haben. Diese sei dabei zu grausam ausgefallen, was
sich im Bericht über ihren Tod zeigt: „Aber auch Pheretime hatte kein gutes Ende
ihres Lebens. Denn kaum hatte sie an den Barkaiern Rache genommen und war
aus Libyen zurück in Ägypten, starb sie einen grässlichen Tod, indem sie le-
bendigen Leibes von Würmern, welche aus ihrem Leibe herauskamen, aufge-
fressen wurde. Also macht übertriebene Rache die Menschen verhasst bei den
Göttern."1275 Herodot zeichnete hier ein eindrückliches Bild von einem göttlichen
Straftod. Es ist dabei nicht auszuschließen, dass er auf ältere Vorlagen zurück-
griff.1276
In christlichem Kontext erscheint diese Krankheit erstmals im Zweiten
Makkabäerbuch.1277 Sie wurde hier Antiochus IV. Epiphanes zugeschrieben, der
versucht habe, den Tempel in Jerusalem zu plündern. Um dies zu verhindern,
hätte Gott ihn jedoch mit einer unheilbaren Krankheit geschlagen: „Es kam sogar
so weit, dass aus dem Leib des Verruchten Würmer wuchsen und ihm noch bei
Lebzeiten unter Qualen und Schmerzen sein Fleisch in Stücke zerfiel, so dass sein
ganzes Haus vom Gestank des faulenden Körpers belästigt wurde."1278 Selbst
Antiochus' späte Reue habe ihn nicht retten können: „Dieser Menschenmörder
und Gotteslästerer erlitt das Schlimmste, wie er es selbst anderen zugefügt hatte.
In der Fremde auf dem Gebirge beschloss er sein Leben."1279 Hier wurde das
Motiv in derselben Weise genutzt wie bei Herodot: Der Tod durch Würmer als

1275 Herodot, Geschichte und Geschichten, Bd. 1, lib. IV, cap. 205, S. 401. Siehe Aly, Volksmärchen,
S. 135, der hierin eine Verarbeitung der Beobachtung, dass aus „vernachlässigten Eiterungen
Maden entstehen", sieht. Derselben Ansicht ist Hoeppli, Parasites, S. 353.

1276 Es ist Konsens in der Forschung, die Tradition mit Herodot beginnen zu lassen. Mendels, Note
hat mit dem Hinweis auf eine Schilderung vom Tod des letzten Königs des babylonischen Reichs
Nabonidus (t 539 v. Chr.) einen früheren Bezugspunkt vorgeschlagen, dieser wurde jedoch
bislang in der Forschung nicht diskutiert und eingeordnet. - Einzig Stubby Phthiriasis, S. 11 f.
weicht von diesem Konsens ab und beginnt mit einigen Schilderungen jüngerer Quellen, die
ältere Personen als Pherertime betreffen.

1277 Zum Werk siehe Habicht, 2. Makkabäerbuch.

1278 2. Makk 9,9: [...] ita ut de corpore impii vermes scaturrirent ac viventes in doloribus carnes eins effluerent
odore etiam illius et fetore exercitus gravaretur. Diese Schilderung stellt auch einen wichtigen Be-
zugspunkt für das Motiv vom stinkenden Leichnam des Sünders dar, siehe Kapitel 4.3.4. Hilf-
reich bei der Erschließung ist die ausführlich kommentierte deutsche Ausgabe Habicht,
2. Makkabäerbuch, S. 243-248. - Die verschiedenen Quellenschilderungen vom Tod des An-
tiochus IV stellt Gauger, Tod, S. 42-46 einander gegenüber.

1279 2. Makk 9,28: [...] igitur homicida et blasphemus pessimepercussus et ut ipse alias tractaverat peregre in
montibus miserabili obitu vitafunctus est.
 
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