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5. Fallstudie I: Heinrich (VII.)
unterwerfen müssen, der ihn absetzte, gefangen setzen und seinen Stiefbruder
Konrad IV. von den Fürsten zum neuen König wählen ließ.355 Zum Zeitpunkt
seines Todes befand sich Heinrich (VII.) schon beinahe sieben Jahre in Gefan-
genschaft. Auch wenn er formal nicht als römisch-deutscher König starb, wurde
er von den zeitgenössischen Chronisten doch weiterhin in diesen Bezug ge-
stellt.356 Der Tod Heinrichs wird hier als Fallstudie genutzt, um die in dieser
Untersuchung berücksichtigten Quellengattungen in ihrer Aussagekraft, ihrem
Zusammenspiel und in ihrer Gebundenheit an die Entstehungsumstände vor-
zustellen. Hierzu wird die Darstellung von Heinrichs Tod in Briefen, Propa-
gandaschriften und historiographischen Quellen chronologisch nach dem Ent-
stehungsdatum aufgearbeitet.
Dieser Tod ist für ein solches Anliegen besonders geeignet, da er in nahezu
jeder hier berücksichtigten Quellengattung Niederschlag fand.357 Daher können
die Gattungen mit ihren Besonderheiten ebenso wie wechselseitige Beeinflus-
sungen vorgeführt werden. Die Uberlieferungslage eignet sich allerdings auch,
um Probleme aufzuzeigen, die die gesamte Untersuchung betreffen: Die zeit-
genössischen Quellen zu Heinrichs Tod sind - verglichen mit anderen Königs-
toden - spärlich und auch nicht sonderlich detailreich. Der Tod Heinrichs wurde
weiterhin in den publizistischen Auseinandersetzungen seines Vaters mit dem
Papsttum als Argument stilisiert. Bereits Zeitgenossen notierten unterschiedli-
che Todesursachen, wie Mord oder Selbstmord, meist ohne sich auf eine Variante
festzulegen. Eine Knochenuntersuchung aus dem Jahr 1998 lieferte darüber
hinaus mit der paläopathologischen Diagnose einer in den schriftlichen Quellen
nicht genannten Lepraerkrankung eine weitere Variante.
entfernte Martirano oder der Weg dazwischen genannt: Bartolomaei de Neocastro Historia
Sicula, S. 1; Annales Siculi, ad a. 1235, S. 497; Richard von San Germano, Chronica, S. 382; Breve
chronicon de rebus Siculis, S. 102.
355 Der Bruch zwischen Vater und Sohn sowie die Rolle der Fürsten bei dieser Entwicklung ist
aufgearbeitet bei: Gramsch, Reich. Zur Absetzung: Schubert, Königsabsetzung, S. 211-217.
Quellen zu den Stationen der Gefangenschaft bietet: Reinhold, Empörung, S. 80-82.
356 Die Quellen zum Tod zeigen, dass Heinrichs Status von Zeitgenossen unterschiedlich gesehen
wurde: Im vermeintlichen Brief des Vaters an die Bevölkerung von Messina wurde Heinrich als
erlauchter König Siziliens bezeichnet, HB 6.1 S. 32. Die übrigen Quellen zum Tod Heinrichs
bezeichneten ihn entweder in erster Linie als (erstgeborenen) Sohn des Kaisers (Annales Sancti
Trudperti, S. 294; Annales Erphordenses Fratrum Praedicatorum, ad a. 1238, S. 96; Richard von
San Germano, Chronica, S. 382; Ellenhardi chronicon, S. 120; Martin von Troppau, Chronicon
pontificum et imperatorum, S. 471; Bartolomaei de Neocastro Historia Sicula, S. 1) oder als König
(Zweite [schwäbische] Fortsetzung der Kaiserchronik, S. 411 V. 34 f.; Continuatio Sancrucen-
sis II., ad a. 1244, S. 641; Annales Siculi, ad a. 1235, S. 497) beziehungsweise als ehemaligen König
(Cronica S. Petri Erfordensis moderna, S. 238, übernommen bei Cronica Reinhardsbrunnensis,
S. 618 und Chronik des Stiftes S. Simon und Judas in Goslar, S. 596). - Huth, Reichsinsignien,
S. 310-326 kommt zu dem Schluss, Heinrich sei zum Zeitpunkt seines Todes eben kein abge-
setzter König gewesen, sondern habe den honor regalis noch immer innegehabt.
357 Ein Teil der Quellen ist dokumentiert bei RI V,l,2 Nr. 4383n. Es ist kein Testament Heinrichs (VII.)
erhalten. Dass ein solches theoretisch existiert haben könnte, zeigt das Testament Konradins, der
vor seinem Tod ebenfalls gefangen gehalten wurde, siehe hierzu van Eickels, Herrscher, S. 369-
371.
5. Fallstudie I: Heinrich (VII.)
unterwerfen müssen, der ihn absetzte, gefangen setzen und seinen Stiefbruder
Konrad IV. von den Fürsten zum neuen König wählen ließ.355 Zum Zeitpunkt
seines Todes befand sich Heinrich (VII.) schon beinahe sieben Jahre in Gefan-
genschaft. Auch wenn er formal nicht als römisch-deutscher König starb, wurde
er von den zeitgenössischen Chronisten doch weiterhin in diesen Bezug ge-
stellt.356 Der Tod Heinrichs wird hier als Fallstudie genutzt, um die in dieser
Untersuchung berücksichtigten Quellengattungen in ihrer Aussagekraft, ihrem
Zusammenspiel und in ihrer Gebundenheit an die Entstehungsumstände vor-
zustellen. Hierzu wird die Darstellung von Heinrichs Tod in Briefen, Propa-
gandaschriften und historiographischen Quellen chronologisch nach dem Ent-
stehungsdatum aufgearbeitet.
Dieser Tod ist für ein solches Anliegen besonders geeignet, da er in nahezu
jeder hier berücksichtigten Quellengattung Niederschlag fand.357 Daher können
die Gattungen mit ihren Besonderheiten ebenso wie wechselseitige Beeinflus-
sungen vorgeführt werden. Die Uberlieferungslage eignet sich allerdings auch,
um Probleme aufzuzeigen, die die gesamte Untersuchung betreffen: Die zeit-
genössischen Quellen zu Heinrichs Tod sind - verglichen mit anderen Königs-
toden - spärlich und auch nicht sonderlich detailreich. Der Tod Heinrichs wurde
weiterhin in den publizistischen Auseinandersetzungen seines Vaters mit dem
Papsttum als Argument stilisiert. Bereits Zeitgenossen notierten unterschiedli-
che Todesursachen, wie Mord oder Selbstmord, meist ohne sich auf eine Variante
festzulegen. Eine Knochenuntersuchung aus dem Jahr 1998 lieferte darüber
hinaus mit der paläopathologischen Diagnose einer in den schriftlichen Quellen
nicht genannten Lepraerkrankung eine weitere Variante.
entfernte Martirano oder der Weg dazwischen genannt: Bartolomaei de Neocastro Historia
Sicula, S. 1; Annales Siculi, ad a. 1235, S. 497; Richard von San Germano, Chronica, S. 382; Breve
chronicon de rebus Siculis, S. 102.
355 Der Bruch zwischen Vater und Sohn sowie die Rolle der Fürsten bei dieser Entwicklung ist
aufgearbeitet bei: Gramsch, Reich. Zur Absetzung: Schubert, Königsabsetzung, S. 211-217.
Quellen zu den Stationen der Gefangenschaft bietet: Reinhold, Empörung, S. 80-82.
356 Die Quellen zum Tod zeigen, dass Heinrichs Status von Zeitgenossen unterschiedlich gesehen
wurde: Im vermeintlichen Brief des Vaters an die Bevölkerung von Messina wurde Heinrich als
erlauchter König Siziliens bezeichnet, HB 6.1 S. 32. Die übrigen Quellen zum Tod Heinrichs
bezeichneten ihn entweder in erster Linie als (erstgeborenen) Sohn des Kaisers (Annales Sancti
Trudperti, S. 294; Annales Erphordenses Fratrum Praedicatorum, ad a. 1238, S. 96; Richard von
San Germano, Chronica, S. 382; Ellenhardi chronicon, S. 120; Martin von Troppau, Chronicon
pontificum et imperatorum, S. 471; Bartolomaei de Neocastro Historia Sicula, S. 1) oder als König
(Zweite [schwäbische] Fortsetzung der Kaiserchronik, S. 411 V. 34 f.; Continuatio Sancrucen-
sis II., ad a. 1244, S. 641; Annales Siculi, ad a. 1235, S. 497) beziehungsweise als ehemaligen König
(Cronica S. Petri Erfordensis moderna, S. 238, übernommen bei Cronica Reinhardsbrunnensis,
S. 618 und Chronik des Stiftes S. Simon und Judas in Goslar, S. 596). - Huth, Reichsinsignien,
S. 310-326 kommt zu dem Schluss, Heinrich sei zum Zeitpunkt seines Todes eben kein abge-
setzter König gewesen, sondern habe den honor regalis noch immer innegehabt.
357 Ein Teil der Quellen ist dokumentiert bei RI V,l,2 Nr. 4383n. Es ist kein Testament Heinrichs (VII.)
erhalten. Dass ein solches theoretisch existiert haben könnte, zeigt das Testament Konradins, der
vor seinem Tod ebenfalls gefangen gehalten wurde, siehe hierzu van Eickels, Herrscher, S. 369-
371.